Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 14 — 
rechtwinklig dazu, wenn keine Tür die Rückwand des Flurs durchbricht, 
in einfachem geraden Laufe, seltener gebrochen, in das Obergeschoß. 
Die ältesten Holztreppen bestehen aus zwei Pfosten mit eingeschobenen 
oder verzapften, durchschnittlich 9 Zoll hohen Tritten. Im Obergeschoß 
mündet die Treppe auf den Vorboden mit ein oder zwei Fenstern, der 
dem Hausflur entspricht. Hier stehen die Häckerlingslade, mitunter auch 
noch schön buntbemalte Schränke und eine Ziehmangel. Bei Platzmangel 
werden auch Betten für das Gesinde auf dem Vorboden aufgeschlagen. 
Uber der Stube, dem Stüwel und der Küche liegen oben die Oberstube 
und gewöhnlich zwei Kammern und über dem Stall der Heuboden mit 
eingebauten Gesindekammern. Durch eine im Heuboden befindliche 
Offnung kann das Heu auf die darunter im Stalle befindliche „Heibucht“ 
hinabgeworfen werden. Ein schmaler Gang an der Rückwand des 
Hauses führt zu dem gewöhnlich an der Giebelseite aufgehängten und 
nach der Düngerstätte ausmündenden Abort mit kurzem Bretterverschlag. 
Die Oberstube ist gleichsam die gute Stube, wo die mitgebrachte 
Aussteuer der Frau aufgestellt ist. Sie beschränkte sich früher auf einen 
Tisch, ein Kanapee, einige Polsterstühle, einen Spiegel und einen Glas- 
schrank. Obwohl der Raum stets heizbar ist — der Gabelofen trug 
hier in der Regel einen Aufsatz aus grünen und weißen Kacheln, was 
für fein galt —, so wird doch fast nie davon Gebrauch gemacht, wie 
man sich auch höchst selten darin aufhielt und aufhält. 
An die Oberstube stößt die Schlafstube für die Herrschaft. Wenn 
auch hie und da noch die großen unförmigen, mit bunten Farben be- 
malten Betten stehen, so findet man doch nirgendsmehr einen darüber 
angebrachten Betthimmel, der früher nur ungern weggelassen wurde. 
Gewöhnlich gab es nur ein für zwei Personen eingerichtetes Bett, dessen 
Anschaffung dem Manne zufiel, während die junge Frau die bunt- 
bezogenen Federbetten mitzubringen hatte. Dafür gehörte zu ihrer 
Aussteuer aber auch gleich die Wiege. Hatten sich die Eheleute gezankt, 
so mußten sie abends im Bett wohl oder übel wieder zusammen kommen. 
Einen derben Reim für diesen Fall muß ich mir versagen. Sonst steht 
in der Schlafstube gewöhnlich noch ein Schrank zur Aufbewahrung der 
Alltagskleider. Neben einem Fenster der Oberstube ist außen der Käse- 
korb angebracht. In der einen von den beiden schon erwähnten 
Kammern schlafen die Kinder, in der anderen werden Vorräte, Wirt- 
schaftsgegenstände u. a. ausgehoben. Durch einen in jeder Tür an- 
gebrachten Ausschnitt hat die Katze Zutritt zu sämtlichen Räumen im 
Hause. Die Gesindekammern sind sehr einfach ausgestattet. Die Betten 
wurden blau überzogen, in Truhen oder Laden lagen und liegen noch 
die Habseligkeiten. Neben diesen Kammern sind mitunter noch einige 
andere gelegen. 
Vom Vorboden aus führt eine Holztreppe hinauf auf den Ober- 
boden (= 8 Bedel), der meist ganz frei ist und zur Aufschüttung des 
ausgedroschenen Getreides und zum Trocknen der Wäsche dient. Einst 
wurde hier auch bis zu einer für den Verkauf günstigen Zeit der ge-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.