Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Rest gilt als heilsamer Balsam für kranke Hände und Füße (85., Ehr.“ 
Ra., Th., Kl. 78“) und bewahrt das Haus vor Bilitzschlag (Nd., Kö.). 
Die Nacht über bleibt es auf dem Tisch stehen und zwar neben dem 
ins Tischtuch eingeschlagenen Brote und dem Salze, worunter mitunter 
noch Geld oder das Gesangbuch zu liegen kommt. Dieser vielfach ge- 
übte Brauch soll Not und Geldmangel fernhalten (A., B., Ne., Gey., 
Wa., Schl., Ma., Ehr., Cr., Th., B. 78“). Wird das Salz dabei ver- 
schüttet, so kommt eine Trauerkunde ins Haus (A.). Mit dem zweiten 
Abendlichte besucht das älteste Familienglied die Metten (Gey.). Das 
Fehlen des h. Abendlichtes bringt Zwietracht in die Familie (H.). An 
die Seelenspeisungen unserer heidnischen Vorfahren erinnert der Brauch, 
Speisereste „für die Engel“ auf den Fensterstock oder ins Tischtuch ein- 
geschlagen in den Garten zu legen. Bleibt alles unversehrt, „so haben 
die Engel keinen Hunger gehabt“ (Kü.). Das in ein weißes Tuch ein- 
geschlagene Brot ist „für Christum“ bestimmt (A.). Nach der Mahlzeit 
singt man in vielen Häusern ein geistlich Lied. Man trinkt drei Schlucke 
Branntwein, um gesund zu bleiben (A.). Hierauf ergeht man sich im 
Freien oder besucht, wie auch schon vor dem Abendessen, Verwandte 
und Bekannte, um sich mitzufreuen an dem, was der einzelne ersonnen, 
gebästelt und aufgebaut hat. 
Als besonderes Christgebäck werden Christstollen) gegessen, die 
ebenso unverweigerlich zum Christfest gehören wie der Tannenbaum mit 
seinen Lichtern und seinem trauten Duft. Die letzte Stolle hebt man 
bis zur Lichtmeß auf, um Nahrungssorgen fernzuhalten (Ne.). 
Der Höhepunkt des Festes ist die Bescherung, die nach alterz- 
gebirgischem Brauche früh, jetzt auch abends stattfindet. Mit tausend 
Fäden muß es den in der Ferne weilenden Erzgebirger zu Weihnachten in 
seine Heimat zurückziehen, wird doch gerade bei ihm daheim wie nirgends 
anderswo dieses Fest im alten schönen Glanze poetischer Weihe gefeiert. 
Wohl in keiner Gegend unseres sächsischen Vaterlandes findet man zur 
Weihnachtszeit eine so große Reihe alter Sitten und Gebräuche wie im 
oberen Erzgebirge. Zum Teil aus ferner Zeit stammend, sind sie die 
Poesie in dem arbeitsreichen, mühseligen Leben des schlichten Mannes, 
zugleich eine heilige Pflicht gegen die Vorfahren. Mit Recht hebt die 
alte Wiesentaler Engelschar an: „Nun ist das schönste Fest auf Erden, 
1) Im Gebiete des heutigen Königreiches Sachsen bezeugt 1571 Pfarrer 
Thomas Winzer in Wolkenstein zuerst das Vorkommen des Stollens bei Christ- 
bescherungen. Dieses Gebäck hat viele Deutungen erfahren. Die einen fassen es 
als eine Nachbildung des Ebers auf, andere wieder als eine symbolische Darstellung 
des in Windeln gewickelten Christkindes. Mogk schreibt: „Was die Terarlassung 
zu der Form dieses Gebäcks gegeben hat, das ja in den verschiedenen Festzeiten un 
Gegenden meist verschieden ist, das ist schwer zu entscheiden. Gerade diese Frage ist 
eines der schwierigsten Probleme der geschichtlichen Volkskunde. Ob wir im Stollen 
eine symbolische Darstellung des Christkindes haben, was ja recht gut möglich ist, 
oder ob das Gebäck ins Heidentum zurückgeht, wage ich nicht zu entscheiden. An 
ein altgermanisches Opfer, wovon so oft gefabelt wird, ist natürlich nicht zu denken. — 
Nach Höfer (Wissenschaftl. Beil. der Leipz. Zeitg. 1906, Nr. 101) ist der Stollen die 
Kombination zweier Fruchtbarkeitssymbole.
	        
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