Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 170 — 
einem Bande umbunden und eine Krone oder Kranz auf dem Kopfe 
gehabt, aber diese Kleidung auch sogleich nach Beendigung seines Ge— 
sanges abgelegt. Vor dem Altare ist dann noch ein sogenanntes Theater, 
eine kleine Erhöhung mit Schranken von Stangen, errichtet worden, weil 
der Platz am Altar zu eng sei und damit die Kinder vor jedem Ge— 
dränge in Sicherheit wären und das Volk die Kinder besser sehen könnten. 
Der P. Mag. Hähnel zu Lauter glaubt, daß er bei der Beibehaltung 
jener Ceremonien nichts getan habe, was dem allerhöchsten Befehl vom 
21. August 1812 entgegen sei. Wie diese Ceremonie bei ihm beschaffen 
sei, habe er sie als religiöse Feierlichkeit und keineswegs zu Gespött und 
Aberglauben veranlassend, ansehen dürfen. Etwa 14 Knaben halten am 
Altar ein Gespräch in weißen Kleidern über die Ankunft Jesu und nur 
eine kronenähnliche Hauptbedeckung könne ihnen den Namen Engel geben. 
Der Schullehrer Colditz bemerkt noch, daß ein Knabe die Weissagung 
Jes. 9 von der Kanzel sänge. Zum Schlusse des Berichtes aus noch 
acht anderen Gemeinden fügt der Zwickauer Superintendent in Uber- 
einstimmung mit mehreren an ihn ergangenen Berichten an: „Ich muß 
selbst bezeugen, daß die Gemeinden an den Ceremonien des Engels in 
den Christmetten noch sehr hängen und die Pastores, die eine Anderung 
machen wollen, bei mir hart verklagen.“ Daraufhin ergeht am 16. Juni 
1815 an ihn der königliche Befehl: 
Friedrich August 2c. 
Wie es nun bei der unterm 21. August 1812 ergangenen Verordnung, 
nach welcher die Feier der Christmetten, wo dergleichen noch gewöhnlich 
sind, auf eine dem Geiste des Christentums und dem Zwecke religiöser 
Erbauung angemessenen Weise eingerichtet und mit einer Predigt oder 
Betstunde begangen, Ceremonien und Gebräuche aber, welche mit der 
Absicht einer religiösen Feierlichkeit sich nicht vereinbaren lassen oder zu 
Gespötte und Aberglauben Veranlassung geben, dabei schlechterdings 
nicht gestattet werden sollen, bewendet, als ergeht hiermit an euch unter 
Zurücksendung des beigefügten Aktenstückes Unser gnädigster Befehl, Ihr 
wollet zukünftig Vorkehrung treffen, daß die Christmetten, wo sie noch 
stattfinden, nur in dem vorgeschriebenen Maße gehalten werden und da- 
her die Geistlichen und Schullehrer an obgedachten Orten wegen der 
von ihnen nachgesehenen Ceremonien nicht nur rektificiren, sondern auch 
dieselben anweisen daß sie künftig weder den Anfang der Christmetten 
vor 6 Uhr des Morgens zulassen, noch den Knaben, denen zwar zweck- 
mäßigere Gesänge-zu singen nachgelassen bleibt, eine besonders sich aus- 
zeichnende Kleidung oder Kronen sich zu bedienen, Engel und Hirten 
vorzustellen und dergleichen Figuren dabei zu gebrauchen oder wohl gar 
die Kanzeln zu betreten, berstatten. 
Datum Dresden, den 16. Juni 1815. 
Diesem königl. Befehle folgte noch im selbigen Jahr am 15. De- 
zember an den Zwickauer Superintendenten der kurze Entscheid: 
Friedrich August 2c. 
„Uns ist geziemend vorgetragen worden, in welcher Weise Carl Frie- 
drich Epperlein und Consorten zu Lauter auf Abänderung des wegen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.