Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 202 — 
wiederumb frölig anheim begleitet, unterweges mit Gesang den lieben 
Gott, wegen Schutz und Erhaltung der Schulen, gedanket worden.“ 
Aus dem Feste der Lateinschule entwickelte sich seit Errichtung 
der Bürgerschule 1835 das bisher aller zwei Jahre stattfindende 
Schulfest in seiner kindlichen Form. 
Pfüngsten. 
Obgleich das Pfingstfest arm an besonderen Sitten und Bräuchen 
ist, so ist doch auch ihm nicht jede der poesievollen Zugaben versagt 
geblieben. Allgemein verbreitet ist der Brauch, die Wohnungen, Kirchen 
und Gaststuben mit jugendfrischen Birkenbäumchen oder Maien zu schmücken. 
Wer nicht Platz genug hat, ein ganzes Bäumchen aufzustellen, kauft sich 
wenigstens einen Strauß von Birkenreisern (S. auch Seite 26.). Die 
Pfingstmaie ist nichts anderes als der germanische Malbaum, der als 
Sinnbild des neuerwachenden Lebens bei fast allen Kulturvölkern in 
besonderem Ansehen stand, ja teilweise göttlich verehrt wurde. In der 
Pfingstwoche schmücken in An. die Arbeiter vo#r Beginn der Arbeit ihre 
Fabriken. Wer nicht mit hilft, wird mit einem Schiebock geholt. Wer 
am Pfingstsonntag am längsten schläft und zuletzt aufsteht, wird der 
Pfingstlümmel 0 genannt (v.). 
Viielfach besteht die Sitte, nach dem Gottesdienst am 1. und 2. 
Pfingstfeiertage vom Turme herab einen Choral zu blasen (Ehr., Th., 
Po., Gey., Zö.). In O. wird auf dem Friedhofe gesungen. 
Ein Fest in der Pfingstzeit, das regelmäßig auf einen Sonntag 
fällt und ungeduldig von den jungen Leuten erwartet wird, ist der Laub- 
tanz (v.). Der Saal ist mit Blumen und frischem Grün reich geschmückt. 
An diesem Tage spielen die Mädchen die Herren, indem sie zum Tanz 
auffordern und auch dafür aufkommen. Der Tanz beginnt fast überall 
um 4 Uhr. Die vier zuerst tanzenden Paare werden mit Kränzen ge- 
schmückt, die die Mädchen auf dem Kopfe, die jungen Burschen über 
die Brust tragen (Ne., Dr.). Vor einigen Jahrzehnten noch war der 
Laubtanz im Gebirge allgemein üblich. Spieß schildert ihn so: „Schon 
einige Tage vorher pflückt man Laub, windet Kränze und Girlanden 
und schmückt den Saal der Schenke in= und auswendig. Am Nach- 
mittag des Festtages werden die Mädchen, welche Kränze mit Band- 
schleifen am Arme tragen, aus der elterlichen Wohnung unter Musik 
geholt, und mit Gejauchze zieht man in den Saal, wo eine wohlbesetzte 
Tafel gerüstet ist. Nachdem die Mädchen ihre Kränze aufgehängt haben, 
setzt man sich und schmaust vergnügt. Nach dem Essen beginnt der Tanz.“ 
Am Vormittag des dritten Pfingstfeiertages zieht in J. die Berg-, 
Knapp= und Brüderschaft mit der Bergfahne unter den Klängen des 
Bergmannsmarsches zur Bergpredigt in die Kirche, zu der wie auch zu 
den in früher Morgenstunde des 1. Weihnachtsfeiertags stattfindenden 
Christmetten der Pfarrer in feierlichem Zuge geholt wird. Alljährlich 
1) Ueber den Pfingstlümmel vgl. ausführlich Mannhart, Wald= und Feld- 
kulte I. 320. 325.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.