Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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der Verordnung selbst als „schlechtes Zeug“ bezeichnet. Verboten waren 
insbesondere weiße Schürzen und Hauben, alle Spitzen, silberne Haar- 
nadeln, schwarze und rote Steine um die Hälse, „sehmische“ Schuhe 
und dergl. bei Strafe von 2 alten Schock und dem Verluste der Kleidung. 
Ein besonderes Gebot richtet sich sodann noch an die Schüler der 
lateinischen Schule. Ihnen sollen die bunten Kleider und Bänder, auch das 
Degentragen verboten sein, „ihnen sowohl als auch den Handwerksburschen."“ 
Wie ist nun diese Kleiderordnung befolgt worden? Die Antwort 
wird gegeben durch Aktenstücke, die voll gefüllt sind von Denunziationen 
und Straferlassen wegen Kleidercontraventionen. Als ein wahrer Kleider- 
ordnungs-Wüterich, der es besonders auf die Frauen abgesehen hatte, 
erweist sich ein gewisser Rabenstein, ein Ratsbeamter, der ganz speziell 
als Kleiderordungsinspektor in Pflicht genommen ward. Die Stellung 
dieses Beamten mag dabei eine ganz einträgliche gewesen sein, da er 
von jeder verhängten Strafe die Hälfte als Denunziationsgebühr erhielt. 
So war nach dem Berichte des R. Meister Sch's Tochter am 3. Mai 
1683 in der Kirche mit großen Schlumperärmeln, Sonnenfächer und 
Flatterhaube gesehen worden. Am selbigen Tage war eine andere 
Bürgerstochter mit einem Reifrock gegangen. Besonders prachtliebend 
mag Meister Flaths Tochter gewesen sein, die früh mit einem tafftnen 
Kleide und großer Flatterhaube und gegen Mittag mit einer böhmischen 
Kappe von rot und weißem Stoff und Schlumperärmeln gegangen ist. 
Ferner gingen laut Anzeige die Ehefrau des Schneidermeisters Zschiesche 
in einer schwarzen und mit goldnen Tressen verzierten Sammetkappe, 
die Ehefrau des Buchbinders Gerber in einem geblumten Pelz. die 
Ehefrau des Essenkehrers Baumann mit einem Tüchel mit güldenen Spitzen, 
die Tochter des Posamentiers Brand „mit einer recht großen Flatter- 
haube, daran ein artige an der Stirn gezierte Schneppe, daß kein Vor- 
nehmes einen Vorzug darinnen, und haben's die zwei Stadtschreibers- 
töchter mit Verwunderung angesehen, daß der Staat nicht fällt, sondern 
alle Tage mehr wird.“ Mehr noch als die genannten verging sich die 
älteste Tochter Flaths gegen die Kleiderordnung: Sie erschien als Braut 
in der Kirche zum ersten Aufgebot „in einem Pudelkopf und zwar be- 
stehend in 8 Zöpfen, einer immer länger als der andere“ bei der 
Trauung aber „in einem Pudelkopf und Haarstirn, darin eine schöne 
Zitternadel, vorn am Kleid feine Spitzen, dreimal wie die Adligen, noch 
zum Uberfluß um den Hals Spitzen, alle gekraust, das Brautkleid mit 
einer Schleppe hintennach.“ Und auch die Umgebung Annabergs war nicht 
sicher vor dem gestrengen Kleiderordnungsinspektor. So wurden von 
ihm angezeigt u. a. zwei Mädchen, weil sie eines Tages im „warmen 
Wiesenbade“ spazierten und tanzten „angetan mit böhmischer Haube, 
grün und zweimal Gold und rotem Band, sehr flattericht". Daß R. 
infolge seiner Denunziationstätigkeit sich den Haß aller zuzog, ist leicht 
erklärlich. Er klagt denn auch dem Stadtrate seine liebe Not und will 
die Flinte ins Korn werfen. In der betr. Eingabe heißt es u. a.: „Dem 
Hochedlen, Vesten, Gestrengen und Hochweisen Rath ist es bekannt, wasser- 
maßen ich wegen der Kleiderordnung in Pflicht genommen, daher denn
	        
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