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ein Geschrei erheben, weshalb ihm die Hebamme einen Klitsch auf den
Hintern gibt, damit die „Lebensgeister geweckt werden“ (Kö.), es zeitig
sprechen lerne (Gd., Kl.). Schon nach dem altdeutschen Volksrechte gilt
das Kind erst dann wirklich lebendig und lebensfähig, wenn es die vier
Wände beschrieen hat (Meyer 107). Damit das Kind fleißig werde,
wird es auf die Stubendiele gelegt (Ehr. 5807), welchen Brauch andere
verwerfen, weil sie meinen, daß dadurch das Kind zum Dienen bestimmt
werde (B.). Kinder, deren Kopf kreuzförmig gebildet ist, einen „Toten-
kranz“ zeigt, „auf ist“, sind Todeskinder (A., Ch., Wi.). Die Nachgeburt
wird in fließendes Wasser geworfen, damit das Kind gut und willig
lerne (Kl. 5745), anderwärts bringt dies Beginnen der Mutter Siechtum
und Tod (A.). Die in den Abort geworfene Nachgeburt bringt der
Frau nach ihren Wechseljahren den Krebs (A.). Man verbrennt sie
deshalb vielfach im Ofen.
Natürlich achtet man bei der Geburt eines Kindes auch auf die
Gestirne; denn der Lebenslauf derselben gestaltet sich nach dem guten
oder bösen Planeten, unter dem das Kind geboren ward (Vgl. hierzu W.
105., 106. M. 103). Es heißt: „Jeder Mensch hat seinen Lebensstern“ (v.).
Einst spähte die Hebamme, die jahrhundertelang die Trägerin des
medizinischen Aberglaubens war, gleich nach erfolgter Geburt nach einem
bedeutsamen Sternbild am Himmel und gab allerhand gute Ratschläge,
wenn sie ein die Zukunft des Kindes ungünstig beeinflussendes Zeichen
erblickte. Jetzt greift man zum Kalender, der Bibel des Aberglaubens.
Glück ist allen denen beschieden, die im Himmelszeichen der Jungfrau
(A., Nd.), des Löwen (Gey., Ar.), der Wage (Kl., Br.), des Steinbocks
(Zw.) und des Schützen (Zw.) zur Welt kommen, und zwar werden
die im Löwen geborenen Kinder groß, kräftig und großmütig, den in
der Wage angekommenen aber fällt großer Reichtum zu, wenn sie sich
dem Kaufmannsstande widmen, auf den das Zeichen hinweisen soll. Zu-
dem können all diesen Glückskindern böse Geister im ersten Lebensjahre
keinen Schaden zufügen. Wenn man hier und da auch den Fischen
einen günstigen Einfluß zuschreibt (Fr., H., A., Kl.), — es sollen in
diesem Himmelszeichen Geborene munter wie die Fische werden und ein
hohes Alter erreichen, — so überwiegt doch bei weitem die Meinung,
daß diese Kinder Gefahr laufen, früher oder später einmal zu ertrinken
(A., Kl., W., Gd. 105), ein Tod, der auch den im Wassermann an-
gekommenen zuteil werden soll (A. 105). Dreimal macht „der Böse“
im Wasser den Versuch, das Kind ins Wasser zu ziehen, mit dem dritten
vergeblichen Versuche aber verliert er die Kraft über den Menschen
(A., Ehr.). Um ihm diese zu nehmen, werfen Eltern Kleidungsstücke
solcher Kinder ins Wasser (Ehr., N., O), wie sie auch solche verbrennen,
um die Kleinen vor Brandschäden zu bewahren (M., W.); bestimmt die
Andeutung eines Opfers. Auch sollen sich im Wassermann geborene
Kinder später dem Trunke ergeben (Cr., Th. 105). Krankheit und frühen
Tod verkündigen Skorpion (Gey.) und Krebs (O.), auch schlagen dem in
diesem Himmelszeichen geborenen Kinde alle Unternehmungen fehl, „es
geht zeitlebens den Krebsgang“ (El., Schl, J., H.).