Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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tuch, das beim Genusse des h. Abendmahls getragen worden ist, um 
den Hals (B., Gey.) oder einen Trauerflor um den Kopf (Ri.), legen 
darunter ein beim h. Abendmahl getragenes Stück (A.), bedecken das 
Gesicht des Kindes mit dem schwarzseidenen Tuche einer verstorbenen 
Patin (Gey.) oder dem Glase eines ausgehängten Fensters (A. 542), 
zertreten vor dem Bette eine Zwiebel (A.), geben eine solche dem Kinde 
in die Hand (A.), legen neben dieses in das Bettchen den in ein rotes 
Tuch eingewickelten Kopf einer Maus (Nd.), lassen den Paten ein Stück 
Papier zerreißen (A. 5427), schreiben ans Bett drei Kreuze (v.), holen 
den „Wundermann“, der alle Glieder des kleinen Patienten streicht, 
tragen ein Hemd des Kindes zu ihm hin, lassen es bestreichen und 
ziehen es wieder an (Zw. Gegend). Ganz sichern Heilerfolg soll folgendes 
Mittel haben: Auf die Innenseite eines Löffels schreibt man die Worte 
„Es ist vollbracht!“, setzt drei Kreuze darunter, gießt eine ungerade Zahl 
von Wassertropfen hinein, verwischt damit die Schrift und gibt das 
Wasser dem Kinde ein (Ehr.). 
Zur Förderung des Zahnens (Vgl. hierzu M. 103) läßt man 
den Säugling oft an eine Zwiebel riechen (A.), auf eine Speckschwarte 
beißen (A.), bestreicht seinen Mund mit Forellenblut (Nd., Mau.), mit 
Regentropfen, die von der Wäschestange gefallen sind (Ehr., Gr.), mit 
Abendmahlwein, womit die Mutter beim Genusse des h. Abendmahls 
ihr Taschentuch befeuchtete (B.). Oder man bindet ihm eine Kette aus Wach- 
holderbeeren (Nd.), aus Bernstein (O. oder eine solche aus abwechselnd ge- 
reihten Päonienkörnern, Gold= und Stahlperlen um den Hals (A. 6027), 
hängt ihm einen Leichenzahn (Fr.) oder den einer lebendigen Maus 
abgebissenen Kopf an (Nd. 601), gibt ihm den Erbschlüssel zum Spielen 
(M.), hängt ein in Papier gewickeltes Geldstück über die Stubentür 
(A.). Fremde Leute bestreichen den Mund des mit zu Besuch weilenden 
Kindes mit dem ersten Ei einer Henne, damit es leicht zahne (El. 599, 
103"). Will der erste Zahn durchbrechen, so erhält das Kind ein Ei 
(Wi.), ein Geldstück (Zw., A.). Wer ihn zuerst bemerkt, wird auch 
beschenkt, damit die andern schnell und schmerzlos kommen (Zw. O.). 
Deshalb zerbricht die Mutter auch sofort einen neuen Topf (Ob.). Den 
ersten Zahn reibt man mit einem Pfennige (A.). Kommen die oberen 
Zähne zuerst, so stirbt das Kind zeitig, denn „sie zeigen nach der Erde“ 
(A., Ch., Ma., Wo. 305). Weit auseinanderstehende Zähne bedeuten 
Glück (I.) und lassen das Kind einst weit fortkommen (Gey., Ri., O., 
H., A., Mau. 310.). Den ersten ausgefallenen Zahn verschluckt die 
Mutter, damit das Kind nie Zahnreißen bekomme (A.). Damit bald 
ein neuer komme, muß ihn das Kind hinter den Ofen werfen (A., Wo.). 
Nur gute Zähne kommen, wenn das Kind etwas von einer Maus 
Benagtes zu essen erhält (Th.). 
Das unruhige Kind (Vgl. hierzu M. 105, 106.). Gleich 
geschäftig wie in Krankheitsfällen ist der Aberglaube, wenn das Kind 
unruhig ist, obleich es heißt: „Schreikinder, Gedeihkinder“. Das unruhige 
Kind hat Sehnsucht nach der Taufe (Br.), nach der Speise, nach der 
die Mutter verlangte, als sie niederkam, aber nicht mehr bekommen
	        
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