Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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konnte. So buk eine Frau in A. Stollen an dem Tage, wo sie abends 
entbunden wurde. Deshalb bekam das Neugeborene am Morgen einige 
Krümchen von dem frischen Gebäck. Oder die Mutter geht mit dem 
Kinde auf dem Arme im Zimmer kreuzweis aus einer Ecke in die andere 
(O.), spuckt ihm dabei dreimal über den Kopf (A.), kehrt in den vier 
Ecken der Stube Staub zusammen und legt diesen in den Kinderkorb 
(Zw., A., Wo., 5877), hebt irgend einen Gegenstand auf, wickelt das 
Aufgehobene in Papier ein und legt das Päckchen in den Kinderkorb 
(Mtt., Wo., Br.). Beim Zusammensuchen des Staubes sagt sie: *i 
such’, ich such. Was suchst du denn? Meinem Kind seine Ruh und 
Schlaf dazu!“ Ist eine zweite Person anwesend, der der Brauch bekannt 
ist, so frast diese: „Was suchst denn Du?“, worauf die Mutter ant- 
wortet: „Ich suche meines Kindes Ruh,“ und mit den Worten: „Da 
helf' Dir Gott dazu!“ schließt das Zwiegespräch (A. 5877). Dieser 
beruhigende Vierwinkelstaub gehört hohem deutschen Altertume an. 
Der Landesflüchtige raffte nach salischem Gesetz die Chrenecruda d. i. 
Hausstaub aus den vier Ecken seiner Hütte zusammmen und warf ihn 
auf seine Verwandten, um sie zu Hausbesitzern zu machen.) Ahnlich 
ist folgender Brauch. Man kratzt von drei Ecken des Stubentisches mit 
dem Messerrücken Spänchen ab und legt sie unters Kopfkissen des Kindes 
(Frk.). Die Ruhe bringen ferner Ruhrosen, die sog. „Ruh'“ (Cr., Bä., 
Mau.), ein Schlafapfel? (Kl., M., Or., Gey., Ro. 144), das Gesangbuch 
(Gr.), die Schere (A.), eine Mangeldocke (Gr.), Maria Bettstroh (Kl.), 
ein von dem Korbe eines Hausierers heimlich losgelöster und in das 
Bett des Kindes gelegter Span (A., H., Schl., Cu., Ehr., Gey., Ra. 586), 
ein unter dem Bett liegender Besen Sch)), ein darunterstehender Topf 
mit gekochten Kümmelkörnern (.). 
Allgemein ist die Ansicht, daß die Person, die in eine Stube 
kommt, wo ein kleines Kind ist, diesem die Ruhe nimmt, wenn sie wieder 
fortgeht, ohne sich gesetzt zu haben (586.), einen auf den Kinderkorb 
gelegten Gegenstand wieder mit fortnimmt, ohne ihn vorher auf die 
Stubendiele zu legen (A. 5867). Unterläßt dies der Besuch, so wirft 
man das Deckbettchen dreimal derb in die Stube (Mitt.). Liegt die 
Nacht über auf dem Stubentisch eine Nadel oder eine Schere (A., O.), 
ein Messer vom Abendessen (586), so kann das Kind keine Ruhe finden 
(Cr., W., A), ebenso, wenn das Bettchen aufgedeckt bleibt, auch wenn 
das Kleine nicht darin liegt (v. 5867), die leere Wiege geschaukelt wird 
(El. 586) oder zwei Personen das Kind einwiegen (El. 586). 
Das Kind stirbt, „man öffnet ihm das Grab“, wenn das Bett- 
chen offen bleibt (v. 586), der leere Kinderwagen gefahren, die leere 
Wiege geschaukelt wird (allg. 586), die Mutter beim Trockenlegen das 
Deckbett gleich wegnimmt (A.), das Kind nach erfolgter Geburt gemessen 
oder gewogen wird (v.). Bekommt das Kind beim Schreien einen roten 
Fleck auf der Stirn, so soll es später eines unnatürlichen Todes sterben (A.) 
1) Meyer, D. Voksk. 105. 2) Die durch eine Wespe verursachten moosartigen 
Auswüchse auf Hagebuttensträuchern.
	        
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