Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 62 — 
Während der Taufhandlung hält der älteste Pate, die älteste 
Patin das Kind, damit es ein hohes Alter erreiche (A., v.). Wer zu- 
erst den Taufschleier ergreift — das Bedecken ist neuerer Brauch — 
dem ähnelt in Zukunft das Kind (Frk.). Dabei ist die linke Hand 
unglückbringend (A., Kl.). In keinem Falle aber darf ein „Ungerechter“ 
die Patendecke zuerst erfassen (Nd.). Umschließen die Paten den Tauf- 
stein eng, so halten sie auf das Kind und nehmen an seiner Erziehung 
innigen Anteil (Ar., Lt.). Schreit das Kind nach der Taufe im Bade- 
wasser, so sind die Paten nicht gern Taufzeugen gewesen (Th.). 
Der erstgeborene Knabe erhält gewöhnlich den Namen des 
Vaters, das erstgeborene Mädchen den der Mutter (590“) Werden die 
Namen in Ubereinstimmung mit den Paten gewählt, so wird ihr Träger 
glücklich (Nd.). Nachfolgende Kinder erhalten die Namen von Verwandten 
und guten Bekannten, doch nie den eines Verstorbenen (H., Ri., 590). 
Während der Taufhandlung bleibt die Mutter daheim, auch wenn sie 
das Wochenbett nicht mehr ans Haus fesselt. Sie betet aber ein 
Vaterunser, damit ihr Kind fromm werde (Fr., Nd.), geht treppauf, 
-ab, welches Beginnen ihrem Liebling zu großem Reichtum verhelfen soll 
(Br. 596°). Wie bei jedem Stillen legt sie unterdes eine Puppe oder 
eine Mangeldocke ins Kinderbett, damit die Ruhe nicht „ausgehbe“ (Kö.), 
der Wechselbalg das Kind nicht vertausche (Gd.), dieser nicht eingelegt 
werden kann (Kö.), alles „hinausgemangelt“ werde, also Adebar weg- 
bleibe (A.). Dieses bezweckt auch das Einlegen eines Quirles, es soll 
alles „hinausgequirlt“ werden (A.). Unter dem Taufläuten sollen junge 
Frauen aus gleichem Grunde nicht die Straßen durchqueren (Gey.). 
Der Täufling stirbt zeitig, wenn die Turmuhr während 
der Taufhandlung oder ins Taufläuten schlägt (Cr., H. 302), dieses 
nicht gut ausgeführt wird (Kl.), die Taufglocke nachschlägt (Nd.). ein 
vor die Taufkutsche gespanntes Pferd über den Strang springt (He., Br.), 
etwas daran zerbricht (Ehr.), das Kind während der Taufe schreit (Kl., 
Th., Ni. 326), während dieser ein Grab offen ist (v. 589). Weint das 
Kind, so ist ihm eine trübe Zukunft bestimmt, „es hat immer viel zu 
weinen“. Niest es, so fallen ihm reiche Geschenke zu (A. 316°). So 
oft die Taufglocke anschlägt, so viele Jahre wird der Mensch alt (Gey., 
B.). Je länger die den Paten überreichten Rosenknospen frisch bleiben, 
desto älter wird das Kind (Sch.). Langes Taufläuten macht das Kind 
klug (Gey. 591). Stirbt es noch während der Schulzeit, so kleiden es 
die Paten ein (Mau.). » 
Als Tauftag wird auf dem Lande und von Armeren der Sonn- 
tag bevorzugt, schon deshalb, damit am Abend die Taufsgesellschaft eine 
öffentliche Tanzmusik besuchen kann. Außer dem Sonntag sind der 
Dienstag und der Donnerstag beliebte Tauftage. Nur ungern läßt 
man bei abnehmendem Monde, selten in der Karwoche taufen (589). 
Früher erfolgte die Taufe in der Regel vor dem 9. Tage, jetzt läßt 
man die Kinder verschieden lang liegen, in A. meist ein Vierteljahr 
(vgl. M. 107). Ungetauft gestorbene Kinder kommen sicher in den 
Himmel (v.).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.