Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 8 — 
selten, ebensowenig Blitzableiter, wohl aber findet man hier und da eine 
Wetterfahne mit Buchstaben und Jahreszahl und einem Hahn verziert. 
Den Dachfirst durchbricht stets die aus Lehmstaakwerk oder Luftziegeln 
erbaute Esse, die über der Küche immer seitlich des Gebäudemittels 
beginnt und durch das Stockwerk und innerhalb des Dachbodens bis 
nahe unter den Hausfirst in schräger Richtung geschleift ist. 
Treten wir in ein alterzgebirgisches Bauerngut ein, so gelangen wir 
zunächst in den mit wilden Bruchsteinen belegten oder mit Lehm ausge- 
tretenen, meist weiß getünchten Hausflur, der das ganze Gebäude seiner 
Tiefe nach rechtwinklig durchschneidet und dessen Rückwand ein kleines 
rundes Fenster, zuweilen auch eine Tür durchbrechen. Rechts oder auch links 
vom Hausflur liegen die Wohnräume mit Küche und Backofen, entgegen- 
gesetzt der Stall und an diesen anstoßend die Scheune, bez. auch der 
Schuppen. Am Ende des Hausflurs sind, wenn auch nur noch vereinzelt 
(Schl. Ja. Sch.), die Schweineställe untergebracht, man hat sie des 
üblen Geruches wegen meist aus diesem entfernt und, wenn nicht in 
einen besonderen Anbau, in den Stall oder Schuppen verlegt. An ihrer 
Stelle, meist aber gleich hinter der Haustür, auch vor dieser, vielfach in 
einem besonderen Anbau, seltener im Schuppen steht der ungefähr 3 m 
lange, 1 m breite und ¾ m hohe hölzerne oder steinerne Wassertrog, 
der zu zwei Dritteln seiner Länge mit dem Milchhause oder Kühlhäus- 
chen überbaut ist. Dieses ist ein ungefähr ½ m hoher hölzerner Kasten 
mit einer verschließbaren Tür, in dem die mit Milch gefüllten blechernen 
oder irdenen Töpfe schwimmen und oben an den Innenwänden die Milch- 
seiher hängen. Auf dem Milchhause oder daneben stehen das Butterfaß 
mit dem Butterstörl und die Butterrolle. Nicht weit von dem Wasser- 
troge ist gewöhnlich ein zweiter Trog aufgestellt, worin das Viehfutter 
bereitet wird und in den durch eine Röhre heißes Wasser aus der an 
die Rückwand anstoßenden Küche unmittelbar geleitet werden kann. 
Steht aber der Behälter im Stalle, so wird das erwärmte Wasser unter 
dem Hausflurboden hinweg in denselben geleitet. Aus dem nicht über- 
bauten Teile des Wassertrogs wird das Wasser für den Hausbedarf 
geschöpft, das ständig zu= und abfließt und entweder gefaßtes Quell- 
oder Stollenwasser ist. An strengen Wintertagen gefriert das Wasser oft 
weg, so daß die Leute gezwungen sind, das Saufen für das Vieh bei 
bitterster Kälte und hohem Schnee aus einem Nachbargute zu holen. 
Das Kump, worin das Wasser zunächst gefaßt ist, liegt meist auf freiem 
Felde, seltener im Keller. Vielfach liefert eine Quelle den Wasserbedarf 
für mehrere Güter. Daher kamen auch die vielen Streitigkeiten, die die 
Nachbarn auf Lebenszeit verbitterten und entfremdeten. So ging ein 
Bauer des Dorfes Gd. wegen eines Wasserstreites, ohne daß er darum 
wußte, zu demselben Advokaten, den schon sein Gegner angenommen 
hatte. Der schlaue Jurist wollte sich beiden gefällig erweisen, empfahl 
seinem neuen Klienten einen befreundeten Rechtsbeistand und gab dem 
Bauer einen an diesen gerichteten Brief mit. Der mißtrauische Mann 
über öffnele daheim das Schreiben und fand darin den ihn belehrenden 
ers:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.