Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel III. Innere Einrichtung der Volksschulen. 88 18, 19. 107 
Die dem ersten Lehrer zukommenden Befugnisse können durch eine 
Lehrerin nicht ausgeübt werden. 
Die Gesamtzahl der an Volksschulen des Großherzogtums verwendeten 
Lehrerinnen soll nie höher sein als zehn Prozent der Gesamtzahl der jeweils 
im Großherzogtum errichteten ständigen Lehrerstellen (Haupt= und Unter- 
lehrerstellen zusammengerechnet). 
Vgl. „geschichtliche Einleitung“, S. 52. 
Hinsichtlich der Verwendbarkeit von Frauen an Volksschulen waren früher 
maßgebend die Bestimmungen des Gesetzes vom 1. April 1880. Soweit diese Vor- 
schriften nicht an anderen Stellen des Gesetzes vom 13. Mai 1892 Aufnahme ge- 
funden (§8 29, 35, 36, 37, 39, 43, 44, 45, 47 u. A.), haben sie hier — mit den 
notwendig gewordenen Fassungsänderungen — ihren Ausdruck erhalten. Die Be- 
stimmung in Absatz 4. daß fortan bis zu zehn Prozent sämtlicher ständig errichteter 
Lehrerstellen mit Lehrerinnen besetzt werden dürfen, war dem unabweisbar hervor- 
getretenen Bedürfnis nach einer stärkeren Heranziehung weiblicher Lehrkräfte ent- 
sprungen. Bei dem zeitweise ungenügenden Zugang männlicher Lehrkräfte mußten 
— sollte nicht ein Teil der vorhandenen Lehrerstellen unbesetzt bleiben und der 
Unterrichtsbetrieb an einer Reihe von Volksschulen eine erhebliche Beeinträchtigung 
und Störung erfahren — Lehrerinnen in einer selbst den gesetzlich zulässigen höchsten 
Prozentsatz (6 Prozent aller Lehrstellen, § 45 a des Gesetzes vom 1. April 1880 überstei- 
genden Zahl beigezogen werden. Bereits im Jahre 1886 ist der regelmäßige Prozentsatz 
(fünf Prozent) überschritten worden; die Zahl der verwendeten Lehrerinnen blieb 
aber bis zu Ostern 1890 immer noch unter dem nur ausnahmsweise — „im Fall 
eines unabweisbaren Bedürfnisses“ — gestatteten Satz von sechs Prozent. Auf den 
letztgenannten Zeitpunkt mußte auch dieser Satz überschritten werden. 
Auf 1. November 1891 waren von damals errichteten 3671 ständigen Lehrer- 
stellen 234, somit 6,1 % mit Lehrerinnen besetzt. Davon entfiel mehr als die Hälfte 
(118) auf die Volksschulen der Städte, welche der Städteordnung unterstehen, wo 
naturgemäß bei der Teilung der Schüler nach Geschlechtern eine besonders ausgiebige 
Verwendung von weiblichen Lehrkräften zulässig und zumteil auch wünschenswert 
erschien. Die Zahl der Lehrerinnen an diesen Volksschulen betrug nach Prozenten 
der Gesamtzahl der an denselben errichteten Lehrerstellen: in Bruchsal 360%, Frei- 
burg 33% „ Lahr 30% , Mannheim 20% Karlsruhe 19%, Pforzheim 17% und 
Konstanz 12% 
Ständ. Verhdlgen., 1891/92, II. Kammer, Beilagenheft IV, S. 201/202. 
8 19. 
(Gesetz vom 18. September 1876, Art. III — § 24an.) 
Bei Besetzung der Lehrerstellen an Volksschulen soll auf das religiöse 
Bekenntnis der die Schule besuchenden Kinder thunlichst Rücksicht genommen 
werden. 
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