Titel IV. Lehrer (Lehrerinnen) an Volksschulen. § 48. 141
schränkten Zahl der in Beziehung auf Berufsbildung und Rang gleichartigen
Amtsstellen.
Vermöge der Bestimmung in § 30 des E. U. G. findet § 33 des Beamtengesetzes,
soweit derselbe auf den Fall einer Organisationsänderung sich bezieht, ohne weiteres.
auch Anwendung auf die Lehrer an Volksschulen, so daß z. B. im Falle der Auf-
hebung einer Volksschule (E.U.G. § 9) der an derselben im Zeitpunkte der Auf-
hebung angestellte Hauptlehrer aufgrund des Beamtengesetzes in „einstweiligen
Ruhestand“ versetzt werden könnte.
Ist dagegen die Entfernung eines Volksschulhauptlehrers von der Schule, an
welcher er angestellt ist, aus anderen Gründen, als wegen Organisarionsänderung, not-
wendig geworden, ohne daß zugleich die regelmäßigen Voraussetzungen der Zurnhe-
setzung (Beamtengesetz § 23) gegeben sind, oder die Entfernung aus dem Amte im
Dienstpolizeiwege verfügt werden könnte (Beamtenge setz § 91, § 92 Ziffer 2, § 94),
so würde nach dem Beamtengesetz selbst nur der Weg der einfachen Versetzung nach,
§ 5 des B.G. offen stehen. Einer solchen würde zwar — seit dem Gesetze vom 13.
Mai 1892 — weder die Gehaltsfrage Schwierigkeiten entgegensetzen, noch dürfte bei
der großen Zahl der im Lande bestehenden Hauptlehrerstellen je der Fall sich er-
geben, daß zur Besetzung offene Stellen längere Zeit hindurch fehlen. Um so größere
Schwierigkeiten aber bereiten die Eigenartigkeit des Lehramtes und, damit in Zu-
sammenhang, die seit 1868 den Gemeinden eingeräumte, durch die örtliche Schul-
behörde auszuübende Mitwirkung bei der Besetzung der Hauptlehrerstellen an Volks-
schulen (E. U. G. vom 8. März 1868, §§ 34 und 36, jetziges E. U. G., §§ 32 und 33).
Für eine gedeihliche Wirksamkeit in seinem Amte ist bei dem Volksschullehrer-
wohl mehr, als fast in jedem anderen Zweige des öffentlichen Dienstes, von Be-
deutung, daß er für seine Person ein gewisses Vertrauen derjenigen genieße, welche
ihm ihre schulpflichtigen Kinder zum Unterricht und zur Erziehung anvertrauen
müssen. Wesentlich auf diesem Gesichtspunkte beruht die Bestimmung in § 32 Abs.
2 des E. U. G., und die Schulverwaltung würde — obgleich das Gesetz sie nicht aus-
drücklich verpflichtet, die Bedenken oder Wünsche der Ortsschulbehörde zu berück-
sichtigen — gegen Sinn und Absicht des Gesetzes handeln, wollte sie ohne absolute
Nötigung dazu schreiten, einen von der Ortsschulbehörde beanstandeten bezw. ab-
gelehnten Lehrer der Gemeinde aufzuzwingen. Wäre im Einzelfalle selbst zweifellos,
daß die Ablehnung seitens der Gemeinde auf irrtümlichen Unterstellungen beruht, die
Nichtberücksichtigung derselben würde gleichwohl die Stellung des der Gemeinde auf-
genötigten Lehrers derart gestalten, daß er nur sehr schwer und jedenfalls nicht rasch
das Vertrauen, das ihm nicht von Anfang an entgegengebracht worden, sich hinterher
zu erwerben vermöchte.
Sind nun bei einem Hauptlehrer Verhältnisse eingetreten, welche dessen Ver-
setung, auch gegen seinen Willen, im Interesse des Dienstes erfordern — in der
Mehrzahl der Fälle Zerwürfnisse mit einflußreichen Persönlichkeiten der Gemeinde
oder mit der Gemeindeverwaltung, Zerwürfnisse, die nicht selten ohne jedes per-
sönliche Verschulden des Lehrers entstehen (z. B. wenn bei Neuwahlen an die Stelle
der bisherigen Gemeindeverwaltung, mit welcher der Lehrer in gutem Einvernehmen
stand, deren Gegner treten) — so ist erfahrungsgemüß die einfache Eröffnung, daß
seitens der Oberschulbehörde die Versetzung an eine bestimmte Schule in Aussicht
genommen sei, für sich allein schon genügend, eine ganz entschiedene Ablehnung seiteus
der Gemeinde, welcher der zu versetzende Lehrer zugedacht ist, hervorzurufen.
Kanu zum Zwecke der Umgehung einer Versetzung nach § 5 des B. G. der zu
eltfernende Lehrer bewogen werden, als Bewerber um erledigte Hauptlehrerstellen