Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

182 II. Gesetz über den Elementarunterricht. 
jährlich von dem zur Ernährung des Kindes Verpflichteten an die Gemeinde 
zu entrichten. 
Besuchen mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig die nämliche Volks- 
schule, so ist nur für das erste der volle Betrag, für das zweite, dritte 
und vierte dagegen nur die Hälfte und für die übrigen Kinder kein Schul- 
geld zu zahlen. 
  
1. Verfahren bei Erhebung des Schulgeldes: Verordnung, 
betreffend den Aufwand für die Volksschulen (im Abschnitt IX), §§ 17 bis 20. 
2. In § 53 des Gesetzes vom 8. März 1868 war der niederste Betrag des 
Schulgeldes auf 1 fl. 12 kr. (2 Mk. 5 Pfg.), der höchste auf 2 fl. (3 Mk. 43 Pfg.), 
in Städten mit mehr als 6000 Einwohnern auf 4 fl. (6 Mk. 86 Pfg.) für jedes die 
Volksschule besuchende Kind bestimmt. Der dem Gesetze vom 19. Februar 1874 zu- 
grunde liegende Regierungsentwurf hatte einen Mindestbetrag des Schulgeldes von 
2 Mk. 60 Pfg. — neben Höchstbeträgen von 6 bezw. 8 Mk. — vorgeschlagen; in der 
Begründung des Entwurfs war zu 8 53 bemerkt: 
„Das Schulgeld ist in dem Gesetzentwurf beibehalten; aber es ist keines- 
wegs beabsichtigt, durch die Erhöhung desselben dem Lehrer eine reichere Einnahme- 
quelle zu eröffnen. Indem das Gesetz im Auschluß an die landrechtlichen Anschauungen 
(Art. 203 des Landrechts) den Elementarunterricht gewissermaßen für ein notwendiges 
Lebensbedürfnis erklärt und die Eltern verpflichtet, solchen ihren Kindern ebenso wie 
Nahrung und Kleidung angedeihen zu lassen, ist zugleich ausgesprochen, daß die Kosten 
für diesen Unterricht im Prinzip nicht von der Gesamtheit, sondern von dem Einzelnen 
zu leisten sind. Das Schulgeld ist zwar nur ein schwacher Ausdruck dieses Prinzips, 
aber es erinnert den Einzelnen an die Pflichten, wie an die Rechte, welche er der 
Schule gegenüber hat. So klein indessen das Schulgeld auch ist, so kann es den, 
ärmeren Mann doch dann unverhältnismäßig belasten, wenn er mehrere Kinder zu 
gleicher Zeit in die Schule schickt. Im Anschlusse an eine in Mittel= und Nord- 
deutschland durchweg übliche Erleichterung ist deshalb die Bestimmung in den Ge- 
setzentwurf aufsgenommen, daß von mehreren Kindern einer und derselben Familie, 
welche gleichzeitig die nämliche Volksschule besuchen, nur für das erste der volle Be- 
trag, für das zweite, dritte und vierte dagegen nur die Hälfte des festgesetzen Schul- 
geldes und für die übrigen Geschwister gar kein Schulgeld zu entrichten ist. Nach 
den angestellten umfassenden Erhebungen verursacht diese Erleichterung einen Ausfall 
an dem Schulgeldertrag von durchschnittlich 22% ; um diesen Betrag wäre also das 
Schulgeld zu erhöhen.“ 
Die Kommission der Zweiten Kammer hielt jedoch eine mäßige Er- 
höhung des geringsten Betrages des für ein Kind zu erhebenden Schulgeldes 
nicht nur für zulässig, sondern selbst für geboten, „wenn ohne noch erheblich 
weiter gehende Erhöhung der festen Gehalte und folgeweise größere Belastung der 
Steuerpflichtigen eine einigermaßen ausreichende Verbesserung des Einkommens der 
Volksschullehrer erzielt werden soll.“ Wenn das Schulgeld beibehalten werde, und 
zwar nicht etwa nur als notwendiges übel, sondern als eine im Interesse des Unter- 
richts wünschenswerte, den Erfolg des Unterrichts nicht beeinträchtigende, sondern fördernde 
Einrichtung, so sei nicht einzusehen, warum jede Erhöhung desselben ängstlich ver- 
mieden werden solle, während doch mit dem Sinken des Geldwertes ein auf dem 
gleichen Satz stehen gebliebenes Schulgeld entsprechend kleiner geworden sei. Diese
	        
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