Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

186 II. Gesetz über den Elementarunterricht. 
§ 70. 
(E.U. G. vom 8. März 1868, § 56. Gesetz vom 13. Mai 1892, Artikel VI.) 
Wo sich Fonds befinden, welche nach ihrem Zwecke oder gemäß der 
Bestimmungen der §§ 58 bis 61 zur Zahlung des Schulgeldes verfügbar sind, 
können dieselben zur Bestreitung des nach § 52, 2 der Gemeinde obliegenden 
Beitrages verwendet werden, wogegen für die zum Fond Berechtigten das 
an die Gemeinde zu entrichtende Schulgeld verhältnismäßig zu mindern be- 
ziehungsweise ganz zu erlassen ist. 
  
Die namhafteste der Zahlung von Schulgeldern für arme Kinder gewidmete 
Stiftung des Landes ist die „Fürst von Styrum'sche Stiftung für Freischulen". Der 
Ertrag des Fonds-Vermögens ist zum größeren Teil auf Schulen derjenigen Gebiets- 
teile, die zum vormaligen Hochstift Speyer gehörten, im voraus zu verwenden, der Rest 
für Schulen des ganzen Großherzogtums zu Gunsten katholischer Schüler verfüg- 
bar. Bekanntmachung vom 18. Jannar 1839, R.Bl. S. 29—32. 
71. 
Durch einen mit zwei Dritteilen der Stimmen gefaßten, von der 
Staatsbehörde genehmigten Gemeindebeschluß kann auf die Erhebung des 
nach § 68 der Gemeinde zukommenden Schulgeldes verzichtet werden. 
Ist dieser Verzicht nicht für die Dauer eines zum voraus bestimmten 
Zeitraumes erfolgt, kann die Wiedereinführung der Schulgelderhebung durch 
einfachen Gemeindebeschluß jederzeit angeordnet werden. 
Auf die Verpflichtung der Gemeinde zur Leistung des in § 52, 2 dieses 
Gesetzes bezeichneten Beitrages ist ein etwaiger Verzicht der Gemeinde auf 
Schulgelderhebung ohne Einfluß. 
  
1. Nach § 57 des E. U. G. vom 8. März 1868 war ein Verzicht der 
Gemeinde auf die Erhebung von Schulgeld nur zugelassen, soweit zur 
Bestreitung des dem Lehrer (den Lehrern) zukommenden Schulgeldbezugs (des Schul- 
geldaversums) „die jährlichen Uberschüsse der Gemeindeeinkünfte, ohne daß Um- 
lagen erfordert werden, hinreichen“. 
Zu dem Vorschlage, den Verzicht auf die Erhebung von Schulgeld auch solchen 
Gemeinden zu gestatten, welche den so entstehenden Einnahmecausfall im Wege der 
Gemeindebesteuerung decken müssen, ist nach der Begründung zu der Gesetzesvorlage 
vom 26. Dezember 1891 die Gr. Regierung aus nachstehenden Erwägungen gelangt 
(ständ. Verhdlgen., 1891/92, II. Kammer, Beilagenheft IV, S. 113): 
„Obwohl die längst aufgetretene Forderung, daß für den Volksschulunterricht 
ein Schulgeld überhaupt nicht erhoben werden solle, in neuerer Zeit mit besonderem
	        
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