Titel V. Aufwand für die Volksschulen. 8 71. 187
Nachdruck vielfach wieder erhoben wird, und obwohl beispielsweise der preußische
Entwurf eines Volksschulgesetzes (8 38) die Erhebung eines Schulgeldes in den
öffentlichen Volksschulen als fortan unstatthaft erklären wollte, muß die Großherzog-
liche Negierung doch an der Anschauung festhalten, welcher sie schon bei den stän-
dischen Verhandlungen über frühere das Volksschulwesen betreffende Gesetzesvorlagen
(Landtage von 1867/68, 1873/74, 1887/88) Ausdruck gegeben und mit welcher damals
die Mehrheit der Volksvertretung sich einverstanden erklärt hat, an der Anschauung
nämlich, daß ein Schulgeld in so mäßigem Betrage, wie dasselbe seither in Baden
erhoben wurde, und welches überdies Unvermöglichen erlassen wird, ohne daß darum
diese eine Einbuße an ihren bürgerlichen und politischen Rechten erleiden müßten,
als eine irgendwie empfindliche Belastung nicht gelten könne, vielmehr eine im
Interesse des Unterrichts wünschenswerte, den Erfolg desselben nicht beeinträchtigende,
sondern fördernde Einrichtung sei. Die Großherzogliche Regierung hat sich daher
nicht entschließen können, bei dem vorliegenden Anlasse eine völlige Abschaffung der
Schulgelderhebung und damit eine Maßnahme in Vorschlag zu bringen, welche die
Steuerpflichtigen mit der Deckung eines Ausfalles — sei es im Haushalt der Ge-
meinden, sei es im Staatshaushalt — von etwa Mk. 850 000 jährlich belasten würde.
Nachdem aber die Hohe Zweite Kammer des Landtages von 1887/88 Petitionen
der Stadtgemeinden Mannheim und Offenburg, sowie eine Petition des Gemeinderats
von Prinzbach,
„soweit die Petitionen auf Abänderung des § 57 des Schulgesetzes gehen,
daß auch in denjenigen Gemeinden, die Umlagen erheben, das Recht der
Ubernahme des Schulgeldes auf die Gemeinde gewährt werde“,
der Regierung zur Kenutuisnahme überwiesen, glaubt auch die Großherzogliche
Regierung nach neuerlicher eingehender Erwägung des Gegenstandes gegen eine be-
zügliche Erweiterung des Selbstbestimmungsrechtes der Gemeinden nicht ablehnend
sich verhalten zu sollen, obwohl nicht zu verkennen ist, daß damit vielleicht in manchen
Gemeinden ein Anlaß für fortgesetzte Agitationen geschaffen wird. Durch die For-
derung einer Zweidrittelsmehrheit und den Vorbehalt der Staatsgenehmigung dürfte
indessen ein ausreichender Schutz gegen mißbräuchliche Anwendung der Befugnis zur
Abschaffung der Schulgelderhebung gegeben sein.“
Die Erste Kammer hat nach Annahme der vorgeschlagenen Gesetzesänderung
seitens der Zweiten Kammer nur ungern auch ihre Zustimmung erteilt. In dem
Kommissionsberichte (erstattet durch Verwaltungsgerichtshof-Präsident Dr. Fr. Wic-
landt — ständ. Verhdlgen., 1891/92, I. Kammer, Beilagenheft, Nr. 591) ist über
den Gegenstand Folgendes bemerkt:
„Ihre Kommission würde der Beibehaltung der seitherigen Bestimmung des
5+ 57 den Vorzug gegeben haben. Sie hält die oft gehörte Behauptung, daß aus
dem Schulzwang die Unentgeltlichkeit des Elementarunterrichtes folge, für einen voll-
ständigen Fehlschluß, dem grundsätzlich entgegen zu treten ist; sie legt auf die Bei-
behaltung des Schulgeldes, wenn auch nur in dem jetzt vorgeschlagenen Betrag, ent-
schieden Gewicht, weil sie in diesem Vorausbeitrag der Eltern eine wirksame Erinnerung
an ihre grundsätzliche Verpflichtung zur Fürsorge für die Erziehung und Unterrichtung
ihrer Kinder und eine keineswegs wertlose Mahnung, die letzteren zum regelmäßigen
Schulbesuch anzuhalten, erblickt.
Ihre Kommission enthält sich gleichwohl, um das Zustandekommen des Gesetzes
nicht zu verzögern, eines Antrages auf Abänderung des Entwurfes im Sinne des
§ 57 des E. U.G., weil sie darauf vertraut, daß die Großh. Regierung von der ihr