Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel VI. 1. Erweiterte Volksschulen. 215 
sache mit den jetzt in §§ 92 und 93 E. U. G. enthaltenen inhaltlich übereinstimmen — 
cinem bereits vorhandenen Zustand ausdrückliche gesetzliche Bestätigung verliehen, zu- 
gleich mit der Absicht, die Weiterentwickelung eines über das regelmäßige Mindest- 
maß der Anforderung hinausgehenden Volksschulunterrichtes zu fördern. Die Be- 
gründung zur damaligen Gesetzesvorlage sprach sich hierüber wie folgt aus: 
„Unter den Einrichtungen der Schule selbst ist für die Leistungsfähigkeit der- 
selben unzweifelhaft die bedeutendste die möglichste Ausdehnung der Unterrichtszeit. 
Leider sind in diesem wichtigsten Punkte durch zwingende äußere Verhältnisse ziem- 
lich enge Schranken gezogen. Eine Unterrichtsanstalt, welche von jeder, auch der 
kleinsten und ärmsten Gemeinde gehalten werden muß, und zu deren Besuch eine, 
wenn gleich nur hypothetische, doch allgemeine Verbindlichkeit auch derjenigen besteht, 
bei welchen die äußeren und inneren Bedingungen eines umfassenderen Lernens nur 
in der unvollkommensten Weise vorhaunden sind, eine solche Anstalt wird immer nur 
sehr mäßige Ansprüche an die Zahl der zu verwendenden Lehrkräfte und an die von 
den Schülern zur Verfügung zu stellende Zeit erheben können. Dagegen war man 
bemüht, die Wege für freiwillige Mehrleistungen für die Schule und in derselben zu 
ebnen und zu erleichtern. So werden namentlich gute Früchte zu erwarten sein von 
der Bestimmung, daß der Lehrer auf Verlangen der Gemeinde außer seinen gesetz- 
lichen Stundendeputat noch einige Stunden weiter Schulunterricht gegen besondere 
Vergütung zu erteilen hat, wodurch auch für die einfachste Schule die Möglichkeit 
einer nicht unerheblichen intensiven Verbesserung gegeben ist, und noch größere Vor- 
teile dürfen von dem, übrigens auch der bestehenden Gesetzgebung schon bekannten 
Institut der erweiterten Volksschule erwartet werden. Der natürliche Gang, wie die 
allgemeine Volksbildung allmählich sich hebt, ist der, daß nach und nach immer tiefere 
und weitere Schichten der Bevölkerung zu einer umfassenderen Bildung herangezogen 
werden. Der Fortschritt in dieser Richtung kann zunächst nur ein freiwilliger sein; die 
gesetzliche Forderung kaunn nicht über das bescheidene Maß dessen hinaus- 
gehen, was in einem gegebenen Zeitpunkt auch unter nicht günstigen Verhältnissen 
gründlich zu leisten ist. Für das Mcehr, für welches ein gesetzlicher Zwang sich nicht 
anwenden läßt, wird am besten durch möglichst ausgedehnte Freiheit gesorgt, damit 
überall da, wo Elemente mit Befähigung und Lust zu umfassenderer Bildung sich 
sinden, diesem Verlangen nach den konkreten Wünschen und Bedürfnissen Rechnung 
getragen werden könne." 
(Ständische Verhandlungen, 1867/68, II. Kammer, Beilagenheft VI, S. 143.) 
II. 
Das Gesetz vom 13. Mai 1892 hat sodann in den 88 92 bis 9 die Be— 
stimmungen des Gesetzes vom 8. März 1868 — welche bereits durch die Gesetze 
vom 19. Februar 1874 und vom 18. September 1876 einzelne Anderungen, ferner 
durch die Gesetze vom 16. Februar 1872 und vom 25. Juli 1888 eine dem § 94 des 
jetzigen Gesetzes entsprechende Erweiterung erfahren hatten — im Anschluß an die 
inzwischen fortgeschrittene Entwickelung des „Instituts der erweiterten Volksschule" 
und an die dabei gemachten Erfahrungen weiter ausgestaltet. Dabei wurde der 
Grundsatz, daß Aufwendungen für erweiterten Volksschulunterricht nur aufgrund 
freiwilliger Leistungen der Schulgemeinde stattfinden, sowie ferner der Grund- 
gedanke festgehalten, daß bezüglich der Einrichtung erweiterter Volksschulen in Rück- 
sicht auf die bereits vorhandene Verschiedenheit der örtlichen Bedürfnisse und 
das zu erwartende Hervortreten neuer Bedürfnisse ein möglichst weiter- 
Spielraum mit entsprechender Freiheit in der Gestaltung der Schuleinrich-
	        
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