Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

18 I. Geschichtliche Einleitung. 
Landtage don 1819 der Abgeordnete Dr. Kern in der Begründung einer 
die Besserstellung der Lehrer aus Staatsmitteln bezweckenden Motion über 
die Einkommensverhältnisse der Lehrer angeführt hat.)) 
In Folge der Kern'schen Motion wurde von 1820 an die Summe 
von 20.000 fl. zur Besserstellung der niederst besoldeten Volksschullehrer in 
das Staatsbudget ausgenommen, welche Summe verhältnismäßig auf die 
beiden christlichen Konfessionen verteilt wurde, aber bei weitem nicht hin- 
reichte, um eine Besserstellung des Lehrereinkommens, wie der Landtag von 
1819 dieselbe im Auge gehabt hatte (Lehrer in Städten bis auf 400 fl., 
auf dem Lande bis zu 300 fl., Szulgehilfen bis auf 150 fl., freie Wohnung 
und Holz nicht eingerechnet) herbeizuführen. Noch im Jahre 1831 standen 
von 1500 katholischen Schulstellen 790 unter dem Einkommen von 200 fl., 
und von 540 evangelischen Schulstellen 290 zwischen 100 und 200 fl., 
darunter 58, welche erst kurze Zeit vorher bis auf 105 fl., einschließlich 
des Anschlags der freieu Wohnung zu 8 fl., aufgessert worden waren. Auf 
dem Landtag von 1831 kam eine weitere Budget-Bewilligung von 12000 fl. 
zustande. 
Zu der kärglichen Besoldung der Volksschullehrer während der Dauer 
ihrer Dienstfähigkeit und Dienstleistung kam der Mangel einer gesetzlichen 
Sicherung im Bezug des einmal erlangten Einkommens. Beim Mangel 
eutgegenstehender gesetzlicher Bestimmung stand rechtlich nichts im Wege, 
auch im Falle unverschuldeter Dienstuntauglichkeit, überhaupt nach 
Gutfinden einen Lehrer von Dienst und Einkommen zu entfernen. That- 
sächlich fand freilich auch schon vor 1835 die Entlassung eines 
Lehrers ohne Ruhegehalt nur wegen Verschulden desselben statt, und 
im Falle unverschuldeter Dienstuntanglichkeit wurde entweder durch Beigebung 
cines Hilfslehrers geholfen oder bei gänzlicher Außerdienstsetzung des Lehrers 
!) „Vor wenig Jahren noch waren die Beispiele nicht selten, daß selbst da, wo 
„wirkliche Schulen etabliert sind, die armen Gemeinden des Schwarzwaldes das Schul- 
„Balten jährlich an den Wenigstnehmenden verdingten und einzig nur darauf dachten, 
„so wohlfeil als möglich einen Schulhalter aufzutreiben. Wenn diese groben Miß- 
„bräuche dermalen nicht mehr geduldet werden, so fehlt es doch bis auf den heutigen 
„Tag nicht an Schulen, wo der Lehrer gar keinen Gehalt hat, sondern blos auf 
„den Wandertisch verwiesen und alle Tage von einem anderen Bauern mit den 
„Knuechten und Mägden billig abgefüttert wird, oder wo die ganze Schulbesoldung in 
„jährlich 15, 20 bis 30 Gulden besteht. In sehr wenig Schulen des Schwarzwaldes 
„erreichen die Schulgehalte die Summe von 80 bis 100 Gulden; und selbst auf dem 
„flachen Lande bei weniger armen Gemeinden sind in allen Teilen des Großherzog= 
„tums Schuldienste mit einer Besoldung von 150 bis 200 Gulden keine sehr häufige 
„Erscheinung.“ 
Ständische Verhandlungen 1867/68, II. Kammer, Beilagenheft VI, S. 234 (Komissions- 
bericht des Abg. Turban).
	        
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