Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

456 V. Schulordunng. 
89. 
Die Anzeige der Errichtung einer Lehr- und Erziehungsanstalt, in 
welche ausschließlich Kinder unter oder über dem schulpflichtigen Alter auf— 
genommen werden (88 108 und 109 des Gesetzes), ist an das Bezirksamt 
zu richten. 
Die Anzeige muß enthalten; 
a. die nähere Bezeichnung des Zweckes der Anstalt (namentlich der 
Unterrichtsgegenstände) und 
b. die Angabe und Beschreibung des gewählten Lokals. 
Das Bezirksamt legt, nachdem die etwa erforderlichen Erhebungen 
gemacht worden, die Anzeige durch Vermittlung des Kreisschulrats dem 
Oberschulrat vor. 
Das Recht der Einsichtnahme steht sowohl dem Bezirksamt und den 
höheren Staatsverwaltungsbehörden, als dem Kreisschulrat und den von der 
Oberschulbehörde etwa besonders Beauftragten zu. 
8 10. 
Gegenwärtige Verordnung ist auch auf die sogenannten Fabrikschulen 
anwendbar; die entgegenstehenden Bestimmungen der Verordnung vom 
4. März 1840 (Reg.-Bl. 1840, Nr. IV) werden mit höchster Ermächtigung 
aus Großherzoglichem Staatsministerium vom 7. Oktober d. J. aufgehoben. 
  
Die Verordnung vom 4. März 1840, den Schulnunterricht der in den Fabriken 
beschäftigten Kinder betreffend, bezeichnet als Fabrikschulen die von Fabrikbesitzern 
auf ihre Kosten errichteten und unterhaltenen Lehranstalten für den Unterricht der 
in einer Fabrik beschäftigten, im volksschulpflichtigen Alter stehenden Kinder. Für 
die Errichtung solcher Schulen war Genehmigung der Oberschulbehörde vorbehalten 
(§ 2). Es war bestimmt, daß Kinder, welche das elfte Lebensjahr noch nicht zurück- 
gelegt haben, in die Fabrikschulen nicht aufsgenommen werden (8 3), daß nie 
mehr als 70 Kinder von einem und demselben Lehrer gleichzeitig unterrichtet werden 
dürfen (5 4), daß der Unterricht nach dem für die Volksschulen eingeführten Lehr- 
plan (§5 5) in mindestens zwei Stunden täglich für jede Abteilung (§ 7) von 
einem als Volksschulkandidat rezipierten Lehrer (§ 6) erteilt werden müsse und daß, 
wo immer thunlich, die Unterrichtsstunden den Arbeitsstunden vorausgehen sollen. 
Infolge der Aufhebung dieser Sonderbestimmungen sind jetzt die sogen. Fabrik- 
schulen lediglich Privatlehranstalten und unterliegen den für solche Anstalten all- 
gemein geltenden Vorschriften, insbesondere — hinsichtlich des Lehrplans, der Zahl 
der Unterrichtsstunden 2c. — den Bestimmungen in Artikel 110 Ziffer 3 und 4 des 
Gesetzes. 
Nach § 135 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich (Novelle vom 
1. Juni 1891) dürfen übrigens Kinder unter 13 Jahren in Fabriken überhaupt 
nicht mehr, und Kinder über 13 Jahren in Fabriken nur beschäftigt werden, „wenn
	        
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