Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

1. B. Prüfungsordnungen. b. Lehrerinnen-Prüfung. 601 
Aspirantinnen des höheren Mädchenschulwesens bestimmte Teil der Prüfung nicht 
durch ceinen Zwischenraum zeitlich getrennt waren. Diese Einrichtung hatte den 
Nachteil, daß die Last der Ausbildung für den Dienst an höheren Mädchenschulen 
zu schwer — so schwer war, daß die wünschenswerte Vertiefung der Vorbildung 
durch dieselbe beeinträchtigt werden konnte. Dadurch, daß neben den sämtlichen 
Volksschul-Fächern in der Prüfung für Aspirantinnen des höheren Mädchenschul- 
wesens auch zwei fremde Sprachen vorkamen, welche die Kandidatin in Grammatik, 
Schrift und Rede beherrschen und mit deren Litteratur sie bekannt sein soll, war die 
Gedächtnisarbeit für eine solche Prüfung eine außerordentliche und die Gefahr, daß 
eben die Gedächtnisleistung die wesentlichste sein werde, sehr naheliegend. Die Er- 
fahrung hatte gezeigt, daß zwar solchen Anforderungen zum großen Teil mit größter 
Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit von den Examinandinnen entsprochen wurde, 
daß aber auch sehr häufig die körperliche Kraft und Gesundheit derselben unter der 
Masse und Verschiedenartigkeit des für die Prüfung zu bewältigenden Stoffes ernst- 
liche Gefahr lief, wobei es immer noch fraglich blieb, ob das in so mühsamer 
Arbeit Angeeignete nun auch wirklich bleibender und fruchtbarer geistiger Besitz ge- 
worden sei. 
Von den Prüfungsanforderungen konnte schon deshalb nichts nachgelassen 
werden, weil die in Baden geprüften Kandidatinnen mit denen konkurrieren müssen, 
die in anderen nicht minder hohe Anforderungen stellenden Staaten die Prüfung 
bestanden haben. Doch war es möglich, die Arbeit so zu teilen, daß ohne Über- 
anstrer gung nach jeder Seite das Genügende in gründlicher, ruhiger Vorbereitung 
erreicht werden kann. Eine solche Teilung bezweckte die Verordnung vom 
19. Dezember 1884, welche an Stelle jener vom 13. März 1876 getreten und deren 
wichtigste Bestimmung die ist, daß jede Kandidatin des Schulamts zuerst die einfache 
Prüfung für den Volksschul-Dienst zu bestehen hat. Zu der sog. höheren Lehrerinnen= 
prüfung können dann nur solche Kandidatinnen zugclassen werden, welche jene erste 
Prüfung mit Erfolg bestanden haben, und zwar frühestens ein Jahr nach Bestehung 
derselben. Indem diese Einrichtung die Prüfungslast für Examinandinnen und 
Examinatoren grundsätzlich auf zwei Termine verteilt, gestattet sie ein eingehenderes, 
gründlicheres Studium und eine sicherere und weniger aufreibende Prüfung. 
  
Verordnung. 
(Vom 19. Dezember 1884.) 
Die Prüfung von Lehrerinnen betreffend. 
(Ges. und V. Bl., 1885, S. 1; Schulv. Bl., 1885, S. 1). 
Auf Antrag des Oberschulrats wird — unter Aufhebung der Verord- 
nung Großherzoglichen Ministeriums des Innern vom 13. März 1876, be- 
treffend die Prüfung von Lehrerinnen — verordnet, wie folgt: 
1. 
Eine Lehrthätigkeit an öffentlichen Schulen des Großherzogtums 
oder an Privat-Lehr= und Erziehungsanstalten der in § 103 (sjetzt: § 110) 
des Gesetzes über den Elementarnnterricht bezeichneten Art darf weiblichen
	        
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