Vierter Abschnitt. 1868—1900. 57
ganzen Inhalte nach der Großherzoglichen Regierung mit Empfehlung überwiesen, in
voller Uebereinstimmung mit den eigenen Anschauungen der Großherzoglichen Re-
gierung gefaßt wurden.
Der nnn vorliegende Entwurf eines Gesetzes für eine abermalige, diesmal aber
weit umfassendere Aenderung des Elementarunterrichtsgesetzes schließt in der Haupt-
sache sich eng an die Gesichtspunkte an, welche bei den durch die oben erwähnten
Petitionen veranlaßten Beratungen des letzten Landtags zum Ausdruck gelangt sind.
Die erste und hauptsächlichste Aufgabe für den Entwurf war eine an die Normen
des allgemeinen Beamtenrechtes möglichst enge sich anschließende Neuordnung der
Verhältnisse der Volksschullehrer, namentlich in Beziehung auf Diensteinkommen,
Versetzung in Ruhestand und Hinterbliebenenversorgung, zugleich cine nach allen
diesen Richtungen hin sich äußernde Besserstellung, welche vorzugsweise den einer
solchen am meisten bedürftigen Lehrern auf Schulstellen der bisherigen unteren Klassen
zugut kommen soll. Damit würden gleichzeitig die in den mehr erwähnten Peti-
tionen ausgesprochenen Wünsche der Lehrerschaft des Landes innerhalb der Grenzen
ihre Erfüllung finden, welche durch die Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit
der Staatsregierung gezogen sind.
In letzter Hinsicht ist namentlich hervorzuheben, daß eine höhere Belastung der
Gemcinden zum Zwecke der Durchführung der in Aussicht genommenen Besser-
stellung vermieden, vielmehr der hierfür erforderliche Aufwand ausschließlich von der
Staatskasse, somit von der Gesamtheit der Steuerpflichtigen, getragen werden soll.
Schon diese erste und hauptsächlichste Aufgabe des Reformwerkes erfordert
Anderungen des dermalen geltenden Elementarunterrichtsgesetzes in solchem Umfange,
daß nur der kleinere Teil dieses Gesetzes den bisherigen Wortlaut behalten kann.
Die Großherzogliche Regierung glaubte indessen das Werk nicht auf dessen nächsten
Zweck beschränken, sondern die einmal unternommene „Durchsicht“ auch ausdehnen
zu sollen auf mehrere der jetzt geltenden Bestimmungen, die zwar mit der in Aus-
sicht genommenen Neuordnung der äußeren Stellung der Volksschullehrer nicht in
untrennbarem Zusammenhange stehen, bezüglich deren aber die seit Erlassung des
Elementarunterrichtsgesetzes gemachten Erfahrungen teils Anderungen, teils Er-
gänzungen als notwendig oder doch als sehr wünschenswert erwiesen haben. So hat
der ganze Gesetzesentwurf eine Ausdehnung erhalten, welcher der Großherzoglichen
Regierung die Erwägung nahe legte, ob es nicht zweckmäßiger wäre, statt des Ent-
wurfes für eine sogenannte Gesetzesnovelle den Entwurf eines vollständigen
neuen „Gesetzes über den Elementarunterricht“ den Ständen als Grundlage ihrer
Beratungen vorzulegen.
In Anlehnung an das bei früheren Aenderungen des Elementarunterrichts-
gesetzes von 1868 eingehaltene Verfahren glaubte indessen die Großherzogliche Regie-
rung die Form einer sogenannten Novelle auch für die gegenwärtige Vorlage wählen
zu sollen.“)
Um aber auf den Vorteil einer besseren Uebersicht über die künftige Gestaltung
*) Der in der amtlichen „Begründung“ nicht besonders ausgesprochene haupt-
sächlichste Grund für die Wahl der Form einer „Novelle“ lag offenbar in dem Be-
streben, nach Möglichkeit zu vermeiden, daß einzelne Gesetzesbestimmungen, die un-
berührt bleiben sollten, neuerdings bei den ständischen Verhandlungen zum Gegen-
stand der Erörterung gemacht und so hinsichtlich ihrer unveränderten Fortdauer in
Frage gestellt würden.