718 X. Fortbildungsunterricht.
I. Kapitel. Werktags-Fortbildungsschulen. II. Kapitel. Sonntags-
schulen) lauteten:
§ 20. In allen Orten sind, wie dieses in dem oben gedachten Edikt
vom 13. Mai 1803 bereits verordnet ist, im Winterhalbjahr Fortbildungs-
schulen zu halten, welche die Knaben, die weder eine höhere Bürger-
schule, noch eine Gewerbsschule oder eine höhere Bildungsanstalt besuchen,
noch auch einen nach dem Ermessen des Schulvorstandes genügenden
Priratunterricht erhalten, wührend der ersten zwei Jahre nach ihrer Ent-
lassung aus der Elementarschule zu besuchen haben, sofern sie nicht
wegen erheblicher Abhaltungsgriinde durch den Schulvorstand ganz oder
wenigstens für einen Teil dieser Zeit davon befreit werden.
5 21. Diese Fortbildungsschulen werden nach den Bestimmungen
des Ortsschulvorstandes wöchentlich ein- oder zweimal jeweils 2 Stunden
gehalten.
Ihre Abhaltung zur Nachtzeit findet nur ausnahmsweise wegen.
besonderer örtlicher Verhältnisse mit Genchmigung des Bezirksschul-
visitators statt, und es ist in solchen Fällen von der Ortspolizei die ge-
eignete Fürsorge zu treffen, dass der Begehung von Unorduungen vonseiten
der diese Schule besuchenden Knaben vorgebeugt werde.
Wo mehrere Lehrer angestellt sind, bestimmt ebenfalls der Schul-
vorstand mit Genchmigung des Schulvisitators, welcher oder welche von
denselben den Unterricht in dieser Schule zu erteilen oder ob und wie
sie sich darin zu teilen haben.
§ 22. Die Sonntagsschule, an jedem Sonntage (die Festtage und
Ferienzeiten ausgenommen) eine Stunde, ist von den Knaben und Mädchen
nach ihrer Schulentlassung drei Jahre lang (in Städten zwei Jahre lang)
zu besuchen, und zwar ohne Unterschied im Sommer und Winter.
Frei davon sind nur diejenigen, welche eine höhere Bürgerschule
oder eine Gewerbeschule oder höhere Bildungsanstalt besuchen, oder
einen nach dem Ermessen des Schulvorstandes genügenden Privatunterricht
cerhalten, und die Mädchen auch alsdann, wenn sie in einer Volksschule
mit einem erweiterten Lehrplane eine hinreichende Fertigkeit in Dem-
jenigen, was in der Sonntagsschule gelehrt wild, erlangt haben.
5 23. Wo mehrere Lehrer angestellt sind, übernimmt der eine
derselben den Unterricht der Knaben und der andere jenen der Mädchen.
Ist nur ein Lehrer angestellt, so hält er die Schule abwechselnd
an einem Sonntag für die Knaben und am andern Sonntag für die Mädchen.
II. Die Erfolge, welche die „Werktags-Fortbildungsschulen" und „Sonntags-
schulen“ der Verordnung vom 15. Mai 1834 in unterrichtlicher Beziehung zu
erzielen vermochten, waren im allgemeinen wenig befriedigend. Einer gedeihlicheren
Wirksamkeit dieser Schulen slanden teils der Mangel eines entsprechenden Lehr-
vlanes, teils Widerwille der Ingend, auch vielfach der Eltern, gegen einen
über das volksschulpflichtige Alter hinaus fortzusetzenden Schulbesuch im Wege.
Nicht minder fehlte bei manchen Lehrern die zum Unterricht an ältere Knaben er-
forderliche höhere pädagogische Bildung, und auch bei vollkommen tüchtigen und
berufstreuen Lehrern konnte es nicht auffallen, wenn sie bei dem Mangel einer
besonderen Belohnung für einen Unterricht, der sie — in Verbindung mit dem