Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

86 II. Gesetz über den Elementarunterricht. 
daß Verschiedenheit des religiösen Bekenntuisses der in einer Gemeinde vorhandenen 
schulpflichtigen Kinder die Zuweisung der Kinder an verschiedene nach den Bekennt- 
nissen getrennte Volksschulen, also eine weitere Ausnahme von der Regel des § 5 
Getzt 6), für die Zukunft weder begründen könne noch dürfe. Nach der jetzigen von 
der Kommission der zweiten Kammer herrührenden Fassung ist die Absicht des Ge- 
setzes, eine Trennung der Schulkinder nach dem Bekenntnis für die weltlichen 
Unterrichtsgegenstände auszuschließen, so undentlich ausgedrückt, daß man nach dem 
bloßen Wortlaut versucht sein könnte, im ersten Absatz des § 6 (ietzt 8) das Gebot 
der sog. ein klassigen Schule zu finden, und sogar eine Bestimmung darüber zu ver- 
missen, in welcher Weise die Scheidung der Kinder für den Religionsunterricht — 
ob nach dem Bekenntnis oder wie sonst — stattfinden soll. Der Inhalt des Kom- 
missionsberichtes indessen läßt darüber keinen Zweifel, daß eine materielle Anderung 
des Regierungsentwurfes nicht beabsichtigt war; die Anderung wurde ausdrücklich 
als eine bloß die Wortfassung betreffende bezeichnet, ohne daß übrigens erläntert 
wärc, worin nach der Ansicht der Kommission die Verbesserung bestehen soll. 
Im zweiten Absatz des (früheren) § 6 war unter „§ 5 Absatz 1 des obigen 
Gesetzes“ zu verstehen: 5 Absatz 1 des Elementarunterrichtsgesetzes vom 8. März 
1868. Dieser zweite Absatz war im Regierungsentwurf nicht enthalten; seine Auf- 
nahme in das Gesetz geschah zufolge eines Antrages der Kommission der Zweiten 
Kammer, welcher sich gegen die Fortdauer des in einigen Gemeinden des Groß- 
herzogtums durch sog. Weibliche Lehr= und Erziehungsinstitute erteilten Volksschul- 
unterrichts für Mädchen richtete. (Vgl. hierüber Zusatz 6 zu § 116 des E. U. G.) 
2. [PParitätische Schule, gemischte Schule, Simultanschule.] 
Das Gesetz vom 18. September 1876 hat durch die Bestimmung im ersten Absatz des 
§5 6 (letzt § 8) E.u. G. — in Verbindung mit der Vorschrift des damals gleichfalls 
neu eingefügten § 24a (jetzt § 19), wonach bei Besetzung der Lehrerstellen an Volks- 
schulen auf das religiöse Bekenntnis der die Schule besuchenden Kinder thunlichst 
Rücksicht genommen werden soll — und indem gleichzeitig ein auch fernerhin nach 
den Bekenntnissen getrennt zu erteilender Religionsunterricht als Pflichtgegenstand 
beibehalten wurde (8§& 25, 27, 27a, jetzt 88 20, 22, 23), für Schulgemeinden 
mit konfessionell gemischter Bevölkerung diejenige Einrichtung der 
Volksschule verpflichtend vorgeschrieben, welche mit dem Ausdruck „Lemischte 
Schule“ oder „paritätische Schule“ auch „Simultanschul“, bezeichnet 
zu werden pflegt. Eine solche Umgestaltung der mit der Verschiedenheit des reli- 
giösen Bekenntuisses zusammenhängenden Schuleinrichtungen war schon bei den land- 
ständischen Verhandlungen über den Entwurf zu dem Gesetze über den Elementar- 
unterricht (1868) Gegenstand der Erörterung. Der Bericht der Kommission der 
Zweiten Kammer (erstattet von dem Abgeordneten Turban) besagt hierüber, an— 
knüpfend an den überlieferten Zustand, wornach die Volksschulen „entschieden den 
konfessionellen Charakter“ an sich trugen: 
„Das Charakteristische der konfessionellen Volksschule besteht darin, 
daß an ihr durchweg und für alle Fächer nur Lehrer ihrer Konfession angestellt sind, 
daß, wenigstens der Regel nach und im großen Ganzen, nur die Kinder dieser Kon- 
fession sie zu besuchen haben, daß der konfessionelle Religionsunterricht einen obli- 
gatorischen Unterrichtsgegenstand bildet und von dem Geistlichen der Konfession teils 
selbst gegeben, teils unmittelbar beaufsichtigt wird, endlich, daß die lokale Schulauf- 
sichtsbehörde vorherrschend aus Mitgliedern der gleichen Konfession besteht. Wenn 
in Gemeinden, in welchen nur eine konfessionelle Schule besteht, auch die Kinder
	        
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