1. Kapitel: Kriegserklärung nach deutschem Staatsrecht. 11
in seiner Gesamtheit und nicht mehr von und für einen Einzel-
staar Krieg erklärt werden kann. 1) Demnach ist weder die
Zustimmung eines Einzelstaates als solchen rechtlich erforderlich,
noch auch dessen Widerspruch im Falle eines Krieges rechtlich
zulässig. 2) Ein solcher Widerspruch eines Einzelstaates kann
nur bei der Abstimmung im Bundesrat, der einen diesbezüg-
lichen Beschluß fassen soll, geltend gemacht werden, tritt also
nach außen gar nicht hervor. Auch im sogen. Bundesrats--Aus-
schuß für die auswärtigen Angelegenheiten wäre eine Weige-
rung oder ein Widerspruch der in diesem vertretenen Staaten
nicht nur unwirksam, sondern auch unzulässig. Denn der er-
wähnte Ausschuß hat nichts mit der Leitung der auswärtigen
Angelegenheiten zu tun und kann nicht unmittelbar in die
Rechte des Kaisers eingreifen. „Er kann“, wie Labands) sagt,
„nicht namens des Reiches beschließen oder Beschlüsse des Bun-
desrates in auswärtigen Angelegenheiten vorbereiten. Er ist nur
dazu da, um Mitteilungen über die auswärtigen Beziehungen
des Reiches zu empfangen und die Ansichten der Regierung
über diese Mitteilungen auszutauschen; er dient lediglich zur
Information der Bundesregierungen über den Stand der aus-
wärtigen Politik und zur Diskussion dieser Politik, ihrer Ziel-
punkte und Wege.“ Doch wird man ihm das Recht, Bemer-
kungen und Vorstellungen an den Kaiser und Berichte an den
Bundesrat zu richten, zugestehen müssen.
2. Daß den Einzelstaaten aber auch tatsächlich die Mög-
lichkeit, in eigenem Namen Krieg zu erklären und zu führen,
entzogen ist, geht daraus hervor, daß ihre Kontingente inte-
grierende Bestandteile des einheitlichen, im Krieg und im Frie-
den unter dem Oberbefehl des Kaisers stehenden Reichsheeres
bilden, das also ohne dessen Genehmigung nicht für den Krieg
1) Daß das Kriegsrecht der Einzelstaaten untereinander ausgeschlossen ist, geht
sowohl aus der Unauflöslichkeit des Bundesverhältnisses, als auch aus der R. V.
selbst hervor (ogl. Riedel. N. V. Urk. 1871 S. 104), denn nach Art. 76 Abs. 1
der R. V. sind Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, welche nicht privat-
rechtlicher Natur sind, auf Anrufen des einen Teils vom Bundesrat zu erledigen.
2 Lgl. Laband, 4. Aufl. 1 S. 186; v. Seydel, S. 161; v. Rönne
II S. 306; Arndt, Reichsstaatsrecht S. 704.
*) Laband, b. Aufl. I S. 258; vgl. auch v. Mohl, R. St. N. S. 3136