Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

2. Kapitel: Friedensschluß nach deutschem Staatsrecht. 57 
gesehen haben, von der Willensbildung abhängig und können 
rechtlich nicht auseinanderfallen. ) Dies ist der Sinn der 
Ungerschen Worte:?) „Die Gültigkeit läßt sich nicht spal- 
ten, ein Vertrag hann nicht nach außen gültig und 
nach innen ungültig sein. „Wohl kann er aber nach innen 
überhaupl nicht vorhanden sein, was bei geheimen Verträgen 
der Fall ist, die allerdings „Rechtscharahter nur dann haben, 
wenn es sich bei denselben um Dinge handelt, deren Entscheidung 
höchst persönlich dem Staatsoberhaupt zusteht.“ ) 
Von einer anderen Auffassung ausgehend billigen auch die- 
jenigen den erwähnten Unger'schen Satz, welche den Rechts- 
charakter eines Staatsvertrages von seiner Erhebung zum inner- 
staatlichen Recht abhängig machen. Sie weichen aber insofern 
von unserer Auffassung ab, als sie die Mitwirkung der gesetz- 
gebenden Organe an der Willensbildung zur „völkerrechtlichen“ 
Gültigkeit nicht für genügend erachten, sondern auch noch die 
Publikation des Vertragsinhaltes fordern: „Der zwischen den 
Vertretern der Regierung abgeschlossene Vertrag bleibt somit 
rechtsunverbindlicher Entwurf — und zwar nicht bloß staats- 
rechtlich, sondern in allem und jedem Rechtssinne — bis er die 
für die innerstaatliche Rechtssetzung vorgeschriebenen Stadien 
passiert hat.“ 1) Im Gegensatz dazu sagen wir: Den Rechts- 
charakter empfängt der Staatsvertrag immer und in allen Fäl- 
len durch die Ratifikation, d. h. die Erklärung des verfassungs- 
mäßig (also Mitwirkung der gesetzgebenden Organel) gebildeten 
Staatswillens. Die Untertanen dagegen bindet der Vertrag immer 
erst, wenn er als Gesetz oder Verordnung publiziert worden ist. 
Da dem Kaiser bei der Gesetzgebung (Willensbildung) 
kein Mitwirkungsrecht zusteht, sondern lediglich nach Art. 
17 R. V. die Pflicht zur Ausfertigung und Verkündigung 
der Reichsgesetze obliegt, stellt sich das in Art. 11 konstruierte 
Mitwirkungsrecht des Kaisers beim Abschluß von Staatsver- 
trägen als ein Ausnahmerecht dar. Danach ist der Kaiser nicht 
verpflichtet, den Staatsvertrag, welcher bereits die Sanktion des 
Bundesrates erhalten hat, zu ratifizieren, sondern er kann nach 
  
1) Aehnlich Rieß, Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften S. 11. 
2) A. a. O. -. 355. 3) Zorn, Zeitschr. a. a. O. G. 14 Anm. 
5)Zorn, d. o. O. S. 10 ff.
	        
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