hunderts auch die Zünfte der Handwerker nach heftigen Kämpfen (nament-
lich in Bautzen) einen bescheidenen Anteil errungen hatten; sie besaßen
ferner ausgedehnten Grundbesitz, und drei von ihnen (Görlitz, Lauban
und Zittau) übten bis 1547 als Inhaber des „bköniglichen Erb-
gerichts“ die Strafgerichtsbarkeit in schweren Fällen über ihren ganzen
Bezirk („Weichbild"), also auch über den Adel und seine Unterthanen.
In dem sogenannten Pönfall 1547, den der mißgünstige Adel
herbeiführte, indem er die Städte wegen ihres geringen Eifers im
Schmalkaldischen Kriege bei König Ferdinand anklagte, verloren sie
mit dieser Gerichtsbarkeit ihr Gewerbemonopol dem platten Lande
gegenüber, fast ihren ganzen Grundbesitz und ihre freie Ratskür.
Doch gewannen die größeren ihre Besitzungen und alten Rechte mit
Ausnahme der beiden ersten bald wieder. Ihrer großen Selbständig-
keit entsprechend bildeten die Sechsstädte auf dem Landtage den einen
der beiden Stände, den andern die Prälaten, Standesherren und
Ritter. Die Landesverwaltung leitete ein königlicher Landvogt in
Bautzen. Auch die Reformation war von den Städten ausgegangen,
ohne jedes Zuthun der landesherrlichen Gewalt. Daher hatten sie
wie der Adel überall das Patronat über die Kirchen und Schulen
und die meisten Kirchengüter an sich gebracht, und es fehlten (und.
fehlen) die Superintendenten als Vertreter des Landesherrn. Ander-
seits erhielten sich das Domkapitel an der Kollegiatkirche zu St. Petri
in Bautzen (gegr. 1221), die beiden Cisterciensernonnenklöster Marien-
stern (gegr. 1234) und Marienthal (gegr. 1248), und im Anschluß
daran geschlossene Gruppen katholischer Bevölkerung.
§ 67. Die Nieder-Lausitz war im 15. Jahrhundert völlig
zerstückelt worden. An Brandenburg fielen 1442 Teupitz und
Peitz, Beeskow und Storkow zuerst 1443, endgiltig 1555 (s. § 28),
Cottbus 1445 und 1455, an Sachsen 1451 Senftenberg (s. § 27).
Ausgedehnte Gebiete gehörten geistlichen Stiftern (der Abtei Nenzella
und dem Johanniterorden). Die Städte waren mit wenigen Ausnahmen
(Guben, Cottbus) unbedeutend. — Bei der Vereinigung der
Lausitzen mit Sachsen blieben sie böhmische Lehen, und der
König von Böhmen wahrte sich das Heimfallsrecht, falls der albertinische
Mannesstamm aussterbe; daher blieben die Landesverfassung und die kirch-
lichen Verhältnisse vertragsmäßig erhalten und beide Lande standen mit
Sachsen nur in Personalunion. Die Ober-Lausitz stand seitdem unter
der Oberamtsregierung, die Nieder-Lausitz unter dem Oberamtsregierungs--
präsidenten. Durch diesen Zuwachs erhielt Sachsen einen Umfang
von etwa 730 □ Meilen. Allein Johann Georg stiftete schon 1652
für seine drei jüngeren Söhne drei selbständige Fürstentümer
unter der Hoheit des Kurfürsten: Sachsen-Weißenfels (Nord-
thüringen mit dem Fürstentum Querfurt, bis 1746), Sachsen-
Merseburg (Stift Merseburg, einige Amter des Kurkreises und die
Nieder-Lausitz, bis 1738) und Sachsen-Zeitz (Stift Naumburg-Zeitz,
der vogtländische und der Neustädter Kreis, bis 1718).
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