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übertrug seine landesbischöflichen Befugnisse an „die in evan-
gelicis beauftragten Geheimräte“ (jetzt Staatsminister). Aber
das sormell fortdanernde kursächsische Direktorium des Corpus evan-
gelicorum (s.§ 65) verlor alle praktische Bedeutung, und die that-
sächliche Vertretung der protestantischen Interessen ging zum Nach-
teile Sachsens an Preußen über. Zugleich wurde Sachsen durch
die Personalunion mit Polen in den nordischen Krieg
(1700—1721) verflochten.
§ 76. Friedrich August hatte nämlich den Polen versprochen,
die ihnen früher von Schweden entrissenen Länder (Livland) wieder
zu erobern. Er verbündete sich daher mit Rußland (Peter d. Großen)
und Dänemark gegen den jugendlichen Schwedenkönig Karl AXlI.
und knüpfte mit dem unzufriedenen livländischen Adel (Reinhold
Patkull) Verbindungen an. Da die Polen anfangs gar nichts für
den Krieg leisteten, so mußte ihn der König mit sächsischen Truppen
und Geldmitteln führen. Aber Karl XII. eroberte in wenigen Jahren
den größten Teil Polens (Siege bei Klissow 1702 und Pultusk
1703), setzte Stanislaus Leszczinsky 1704 zum König ein,
rückte nach der völligen Niederlage des sächsisch-russischen Heeres bei
Fraustadt am 13. Februar 1706 durch Schlesien in das wehrlose
Sachsen ein und zwang den Kurfürsten im Frieden von Altran-
städt (bei Leipzig) am 24. September 1706, der polnischen Krone
zu entsagen und Patkull auszuliefern. Erst 1707 räumten die
Schweden das hart mitgenommene Sachsen, auf sächsische Kosten bis
auf 13000 Mann verstärkt, besoldet, verpflegt und neu ausgerüstet.
Allein nach der vernichtenden Niederlage Karls XlII. bei Poltawa
1709 und seiner Flucht nach der Türkei bildete sich der Kriegsbund
gegen Schweden aufs neue. Friedrich August nahm schon 1709 die
polnische Krone wieder und ließ seine Truppen gegen die schwedischen
Besitzungen an der deutschen Ostseeküste vorrücken, die damals von
Dänen und Russen bedroht wurden. Im Bunde mit diesen er-
oberten die Sachsen 1714 Stettin, mit den Preußen 1715 Stralsund.
Nach dem Falle Karls XII. vor Friedrichshall 1718 ging der nor-
dische Krieg zu Ende (Abtretung des südlichen Vorpommern an
Preußen, Bremens und Verdens an Hannover), und Friedrich
August behauptete die polnische Krone. Nach dem Kriege nahm
er an. den großen europäischen Verwicklungen keinen Anteil
weiter, bemühte sich vielmehr besonders, wenngleich vergeblich, seinem
Sohne die Nachfolge in Polen zu sichern, und trat deshalb in ein
freundliches Verhältnis zu Friedrich Wilhelm J. von Preußen, dessen
Besuch er 1728 in Dresden, 1730 im glänzenden Lustlager von
Zeithain empfing.
§ 77. Der lange und schwere nordische Krieg äußerte seine
Rückwirkung auch auf die innern Verhältnisse Sachsens. Die
Rechte der Stäude wurden allerdings nicht angetastet, sondern im
Landtagsrevers von 1728 bestätigt, aber das neu eingerichtete Ge-
1706.
1709.