Full text: Grundzüge der Sächsischen Geschichte für Lehrer und Schüler höherer Schulen.

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Infanterie ohne die Garden und Spezialtruppen), während er alle 
Festungen außer Dresden und Königstein aufgab. Da er aber zu 
diesem Zwecke neue Auflagen einführte und dabei auf den Wider- 
spruch der Stäude stieß, so legte er noch vor dem Termine (13. Septbr. 
1768) die Regentschaft nieder (r. 1806). 
§. 87. So übernahm Friedrich August, noch nicht 18 Jahre alt, 
die Regierung. Sorgfältig erzogen, von scharfem Urteil und selbständigem 
Willen zeichnete er sich vor allem durch makellose Pflichttreue und 
strengste Rechtschaffenheit aus. Daher ließ er den schwerfälligen Bau 
des kursächsischen Staats (s. 8 67) und die Rechte der Stände (aller 
6 Jahre ein Landtag, seit 1775 im neuen Landhause) unverändert 
bestehen, da eine Umgestaltung manche Rechte hätte verletzen müssen. In 
seinem Machtkreise aber begann er eine Zeit wohlwollender und 
vorsichtiger Reformen im Sinne der aufgeklärten Selbst- 
herrschaft Friedrichs des Großen, die nicht den Glanz des Fürsten, 
sondern das Wohl des Volkes als Staatszweck betrachtete. Die 
Finanzverwaltung wurde 1782 dem Geheimen Finanzkolleg 
(neben dem ständischen Steuerärar) übertragen und so musterhaft ge- 
ordnet, daß die Schulden bis 1806 größtenteils getilgt und schon 
1789 der Staatskredit völlig wiederhergestellt war (1772. die ersten 
„Kassenbillets“). Das Heer wurde in gutem Stande erhalten, ob- 
wohl es namentlich später durch mannigfache Ubelstände (allzulange 
Dieustzeit, Soldatenfamilien, Kompagniewirtschaft) an Kriegsbrauch- 
barkeit verlor. In der Rechtspflege, die jetzt das Oberappellations= 
gericht in höchster Instanz leitete, wurde 1770 die Folter abgeschafft 
und der Vollzug der Freiheitsstrafen durch Zuchthäuser in Waldheim 
und Zwickau besser gesichert. Die Gesundheitspflege überwachte 
seit 1768 das Sanitätskollegium (Einführung der Schutzpockenimpfung). 
Die Armenpflege wurde durch die treffliche Armenordnung von 
1772 den Gemeinden überwiesen. 
§ 88. Für die Landwirtschaft sorgten die Landesökonomie- 
deputation und die ökonomische Societät. Daher wurden mannigfache 
Fortschritte angebahnt (Einführung des Kartoffelbaues seit dem Not- 
und Hungerjahre 1772; Veredelung der Schafzucht durch Einführung 
der spanischen Merinos; kurfürstliche Gestüte). Einen allgemeinen 
Aufschwung hinderte die Fortdauer der bäuerlichen Abhängigkeits- 
verhältnisse (s. § 32) und die ungleiche Verteilung der Staatslasten 
(Steuerfreiheit der Rittergüter), die 1790 sogar zu Unruhen um 
Lommatzsch, Nossen und Hohnstein führten. Dagegen machten 
Gewerbfleiß und Handel große Fortschritte. Der bürgerliche 
Mittelstand gewann dabei am meisten. Im Bergwesen wurde 
der Steinkohlenbergbau bald wichtiger als die Silberförderung 
(Amalgamierwerk in Halsbrücke 1787); vor allem gab ihm die welt- 
berühmte Bergakademie zu Freiberg (gegr. 1765) eine feste 
wissenschaftliche Grundlage (A. F. von Heinitz). Von den Gewerben,
	        
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