—
die ihre Hauptstätten im Erzgebirge, im Vogtlande und in der süd-
lichen Ober-Lausitz fanden, kamen namentlich die Baumwollenfabrikation,
Katlundruckerei und Strumpfwirkerei empor; in der Ober-Lausitz er-
lebte die Leinweberei damals ihre glänzendste Zeit. Der Flußhandel
litt noch unter der schlechten Beschaffenheit des Fahrwassers und den
zahlreichen Zollstätten (auf der Elbe zwischen Dresden und Magde-
burg 16), der Landverkehr unter den erbärmlichen Landstraßen.
Trotzdem war der Leipziger Meßverkehr namentlich seit dem Aus-
bruche der französischen Revolution 1789 in beständiger Zunahme.
So wuchs die Bevölkerungszahl von 1 632 000 Einwohnern (1772)
auf beinahe 2 Millionen (1785), von denen schon ein Drittel in
Handwerk und Industrie beschäftigt war und ein Viertel in den
275 Städten lebte (Dresden hatte 45000, Leipzig 30 000, Zittau
10000, Chemnitz 8000 Einwohner). Sachsen begann sich in
ein Industrieland zu verwandeln.
§ 89. Der bürgerliche Mittelstand gestaltete auch wesentlich die
geistige Bildung. Sie beruhte noch überall auf der Verbindung
theologischer und philologischer Gelehrsamkeit und fand ihren Mittel-
punkt in den beiden Universitäten und den zahlreichen Latein-
schulen (Ernestis Schulordnung 1773); gesonderte „Bürgerschulen“
entstanden in den Städten meist erst seit 1805. Für bessere Vor-
bildung der Volksschullehrer begannen Seminarien zu sorgen (das
erste in Dresden-Friedrichstadt 1788). Dagegen verlor Sachsen nach
dem siebenjährigen Kriege seine leitende Stellung in der deutschen
Litteratur an Weimar, obwohl Leipzig schon 1766 ein stehendes
Theater erhielt, und ebenso in der bildenden Kunst, seitdem der
nüchterne Klassicismus (Krubsacius, Oser) Rokoko und Barock ver-
drängte. Nur in der Musik gewann Leipzig tonangebende Bedeutung
(Gewandhauskonzerte 1781). — Der wachsende Wohlstand und die
seinere Bildung gestaltete auch das Leben namentlich in den Städten
um. Die Häuser wurden behaglicher eingerichtet, vor den Thoren
Gärten angelegt, die unnütz gewordenen Festungswerke in Promenaden
umgewandelt. Die Geselligkeit beschränkte sich wesentlich auf das
Haus; das Leben war peinlich geregelt und äußerlich einförmig,
Reisen wurden fast nur in Geschäften oder nach Bädern unter-
nommen, und dem politischen Leben stand auch der Gebildete,
weil er keinen Teil daran hatte, ohne wirkliches Verständnis und
Interesse gegenüber. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts kam
mit der „Sturm= und Drangperiode“ die Freude an kräftiger, freier
Bewegung, die Wanderlust und die Freude an den Schönheiten des
Gebirges („Entdeckung“ der Sächsischen Schweiz).
§ 90. In seiner auswärtigen Politik schloß sich Friedrich
August, da die erstarrte Reichsverfassung keinen festen Halt mehr gewährte,
eng an Preußen an. Noch mehr befestigte sich dies Verhältnis durch
die unruhige Eroberungspolitik Kaiser Josephs II. (1765—90).