Full text: Grundzüge der Sächsischen Geschichte für Lehrer und Schüler höherer Schulen.

1863. 
sorgte die Turnlehrerbildungsanstalt in Dresden (seit 1850). Von 
dem Gedeihen des Landes legte die rasche Zunahme der Bevölkernng 
(2344000 Einwohner 1864), des Staatsvermögens und der Staats- 
einnahmen Zeugnis ab. · 
§ 109. Allein die politische Lage Sachsens wurde immer 
unsichrer. Denn mehr und mehr brach sich die Uberzeugung Bahn, 
daß der wiederhergestellte Deutsche Bund den Bedürfnissen der Nation 
noch weit weniger als früher genüge, zumal gegenüber dem zweiten 
französischen Kaiserreiche (Napoleon III. 1852—70) und den von 
ihm ausgehenden Plänen. Allerdings ließ sich Deutschland weder in 
den Krimkrieg (1853—56), noch in den italienischen Krieg 
1859 (Osterreich gegen Frankreich und Piemont; Königreich Italien 
1861) verwickeln; aber während des letzteren wurden doch alle Bundes- 
truppen in Kriegsbereitschaft gesetzt, und das deutsche Nationalgefühl er- 
hielt einen mächtigen Anstoß zu Osterreichs Gunsten (Durchzug von 
60000 Osterreichern von Böhmen durch Sachsen nach Italien). In 
demselben Jahre noch trat es bei der Feier des hundertjährigen 
Geburtstages Fr. Schillers am 10. November imponierend hervor. 
Doch über die Wege, zu einer strafferen Einheit Deutschlands zu kommen, 
gingen die Meinungen weit auseinander. Osterreich wünschte die Fort- 
dauer des bestehenden Zustandes, so lange es mit Hilfe der Mittel- 
staaten Preußen am Bundestage überstimmen konnte; in den Mittel- 
staaten, namentlich in Sachsen, erstrebte man eine engere Vereinigung 
der mittleren und kleineren Staaten, um ihre Selbständigkeit gegen- 
über den beiden Großmächten zu wahren (Trias). Das Ziel der 
preußischen Politik war, seitdem Prinz Wilhelm 1858 an Stelle des 
schwer erkrankten Königs (f 1861) die Regentschaft übernommen 
hatte, und namentlich seit dem Eintritte Otto von Bismarcks ins 
preußische Ministerium (September 1862) in erster Linie die Gleich- 
berechtigung Preußens mit Osterreich am Bundestage, in zweiter die 
Verwandlung des außerösterreichischen Deutschland in einen Bundes- 
staat auf Grund des Zollvereins. Demgemäß wurde Sachsen mehr 
auf Osterreichs Seite gedrängt. Allein die verschiedenen Reform- 
anträge der Mittelstaaten seit 1861 hatten keinen Erfolg, und der 
Versuch Kaiser Franz Josephs I., unter dem mächtigen Eindrucke des 
3. allgemeinen deutschen Turnfestes in Leipzig, auf dem Fürstentage 
in Frankfurt (August 1863) die Bundesreformfrage in österreichisch- 
mittelstaatlichen Sinne zu lösen, scheiterte an dem Widerspruche 
König Wilhelms von Preußen, den auch König Johanns Sendung 
nach Baden-Baden nicht zu beugen vermochte. Gleichwohl bewies 
die Erneuerung des Zollvereins auf 12 Jahre Juni 1864 die 
Festigkeit des preußisch-deutschen Wirtschaftsbundes. 
§ 110. Während nun die Gegensätze sich verschärften und die 
Erregung wuchs, tauchte die schleswig-holsteinische Frage aber- 
mals auf. Bereits hatte der Bundestag die Exekution gegen den 
König von Dänemark als Herzog von Holstein beschlossen, um ihn
	        
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