Full text: Sächsische Geschichte.

100 Die Ausbildung des ständisch-territorialen Staates. 
den Dörfern, als mit dem Pönfall von 1547 auch das städtische 
Gewerbemonopol gefallen war; sie ging dort, zunächst in 
Großschönau 1666, zur Damastfabrikation über und eroberte 
nach dem Rückgange der französischen Leinweberei infolge der 
Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 auch den großen 
englischen Markt. Daneben begründeten die aus Frankreich 
damals vertriebenen und auch in Sachsen aufgenommenen 
Reformierten manche feinere Luxusindustrie (Samt= und 
Seidenweberei), deren Erzeugnisse das allmählich reichlicher und 
glänzender werdende Leben namentlich der Höfe und des Adels 
in immer größerer Menge verbrauchte. Die größte Handels- 
stadt des Landes blieb Leipzig; es bante sich 1678 eine Börse 
und zog den Buchhandel immer mehr von Frankfurt am Main 
an sich. Die Regierung förderte diese Entwicklung durch die 
Ausbildung der Post (mit der sich 1671 die schon 1657 be- 
gründete „Leipziger Zeitung“ verband), die Handels= und 
Wechselordnung von 1682, die mit Brandenburg vereinbarte 
Münzordnung von 1690 (1 Mark Silbers = 12 Rthlr. 9 gr.); 
aber eine merkantilistische Wirtschaftspolitik wie Brandenburg, 
die mit allen Mitteln den Abschluß des Territoriums zur 
Ausbildung einer heimischen Industrie erstrebte, trieb sie ebenso- 
wenig, wie sie den geschlossenen Einheitsstaat anstrebte, da die 
sächsische Industrie schon zu stark war, um eines derartigen 
Zollschutzes zu bedürfen, und vielfach schon für die Ausfuhr 
arbeitete. 
Die scholastische Wissenschaft brachte noch so bedeutende 
Leistungen des Sammelfleißes wie Joh. Benedikt Carpzovs 
(7 1666) Strafrecht zustande, und in Leipzig entstand 1682 
durch Otto Mencke die erste wissenschaftliche Zeitschrift Deutsch- 
lands, die Acta eruditorum; aber immer stärker erhob sich 
gegen sie die freie Wissenschaft, gegen die durch den großen 
Krieg wesentlich verschlimmerte Roheit der Sitten (Pennalismus 
an den Universitäten) die feine weltmännische Bildung, die von 
Holland und Frankreich her einströmte. Diese ergriff den Adel 
und den höheren Bürgerstand; sie schuf sich entweder ganz neue, 
auf die Erziehung des homo politus, des galant'homme ge- 
richtete Unterrichtsanstalten, wie des Herzogs August von 
Weißenfels Gymnasium illustre Augusteum 1664, oder sie ge- 
staltete an einzelnen Lateinschulen den Unterricht in dieser 
Richtung durch Ausbildung der deutschen „Oratorie“ neben der 
lateinischen „Imitation“ um, wie es der Rektor Christian Weise
	        
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