Sachsen bei Begründg. u. Ausbau d. Deutsch. Reichs. 145
Heerwesens) und nahmen an der Ausübung der Gesamt—
souveränität durch ihre Gesandten im Bundesrate teil. Die
sächsische Bevölkerung nahm, obwohl manche Kreise der
neuen Ordnung anfangs noch zurückhaltend oder abgeneigt
gegenüberstanden, die Neugestaltung doch im ganzen willig
an, und die Regierung zeigte vor allem in der pünktlichen
Durchführung der Bundesgesetze und der Heeresreorgani—
sation, die unter der Leitung des Kronprinzen und des
Kriegsministers Alfred von Fabriee die sächsischen Truppen
auf eine Stärke von 29 Bataillonen Infanterie in 2 Divi—
sionen zu 2 Brigaden, 6 Reiterregimentern und 96 Ge—
schützen brachte, ihre ehrliche Bundestreue. Als eine An—
erkennung dafür durfte sie es betrachten, daß die preußischen
Besatzungstruppen bald zurückgezogen wurden (mit Aus-
nahme des Königsteins), und daß der Sitz des neuen
Bundesoberhandelsgerichts 1869 Leipzig wurde.
Doch die innerliche Verschmelzung der Nation und die
Vollendung der deutschen Einheit durch den Anschluß der
Südstaaten gelang erst, als im Juli 1870 die Kriegsgefahr
von Frankreich her urplötzlich heraufstieg. Die Meisterschaft
des Bundeskanzlers, des Grafen Bismarck, hatte es ver-
standen, den längst drohenden Kampf so lange hinaus-
zuschieben, bis Deutschlands Rüstung keine Offnung mehr
bot, und ihn dann in dem Augenblicke zum Ausbruch zu
bringen, als Frankreich das geplante Kriegsbündnis mit
Osterreich und Italien noch nicht abgeschlossen hatte, also
isoliert war. Inmitten einer täglich wachsenden patriotischen
Erregung begann auch in Sachsen am 16. Juli die Mobi-
lisierung, und während zugleich das V. und VI. Armeekorps
in endlosen Militärzügen durch das Land gingen, brach das
XII. Armeekorps zu Ende des Monats nach Mainz auf,
wohin sich Kronprinz Albert als sein Oberbefehlshaber am
29. Juli begab. Da die Sachsen, zur II. Armee unter
Kaemmel, Sächsische Geschichte. 10
1869
1870