56 Die Bildung des meißnisch-sächsischen Staatswesens.
Bauern wie über die „amtssässigen“ (mittelbaren) Ritter
und Städte ausübten. Neben ihnen gleichberechtigt und
mit denselben, vom Landesherrn ihnen als Zubehör des
Besitzes allmählich übertragenen Hoheitsrechten standen als
„Schriftsässige“ die geistlichen und weltlichen Großgrund-
herrschaften, deren Inhaber ihr Recht bei den Hofgerichten
nahmen, und die größeren landesfürstlichen (unmittelbaren)
Städte. Auch diese erwarben nach und nach die Befug-
nisse der fürstlichen Beamten und die finanziellen Hoheits-
rechte (Zoll, Münze) für den jährlich von und aus den
Bürgern (den Kaufleuten und größeren Grundbesitzern) frei
gekornen Rat und den an seiner Spitze stehenden Bürger-
meister (magister civium).
In Freiberg, lange der bedeutendsten Stadt des Meißner-
landes, erhielt der Rat schon 1294 die landesherrliche Gerichts-
barkeit und Gesetzgebung über Stadt und Bergwerke; in Leipzig,
der größten Handelsstadt, wurde 1346 die landesherrliche
Vog t (für die Rechtsprechung) pfandweise erworben, seit 1386
der Schultheiß (für die Verwaltung) vom Rate aus den
Bürgern ernannt; das Münzrecht erwarb die Stadt schon
1273, den Durchgangszoll 1359, den Marktzoll 1363. In
Dresden erscheint zuerst 1292 ein magister civium, 1301
neben ihm ein Rat für die Verwaltung, während die Recht-
sprechung noch in den Händen des markgräflichen Schult-
heißen (villieus) und städtischer Schöffen lag; erst 1468/9
verschmolzen beide Kollegien, doch trat an Stelle der son
üblichen freien Ratskür 1470 rraft fürstlicher Verordnung ein
lebenslänglicher Rat.
Innungen der Handwerker entstanden auf Grund landes-
herrlicher Verleihung seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts,
doch unter strenger Aufsicht des Rats und ohne Zutritt in
diesen zu erlangen. Wirkliche Zunftkämpfe um diesen Preis
verhinderte die landesherrliche Gewalt. Wo sich die volle
Selbstverwaltung der Städte durchgesetzt hatte, da übte der
Nat das Recht der Besteuerung und des militärischen Auf-