Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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dasselbe so viel Gutes verdankt, hat jedoch auch 
. Es ist dies in erster Linie 
der Umstand, daß das Regenwasser, mit un- 
ihre Nachtheile. 
glaublicher Geschwindigkeit zu Thale gehend, 
dem Meere zueilt und nach kurzer Zeit trockene 
Flußbetten zurückläßt. Dies ist die einzige Ur- 
sache der trockenen Flußbetten, nicht Regenmangel. 
Ich selbst habe hier Regen erlebt oder glaub- 
würdig davon gehört, d. h. gute durchnässende 
Land= oder Gewitterregen, keine Sprühregen, 
und zwar in den Monaten August, September, 
Oktober, November, Dezember, Jannar, Februar, 
März, April, Mai, Juni. Nun will ich 
zwar nicht behaupten, daß Groß-Namaqualand 
eine seuchte Witterung hat, aber ich glaube 
nicht, daß es im Regenfall so gar weit hinter 
anderen bewohnten und gepriesenen Ländern 
zurücksteht. Bis jetzt ist hier noch wenig 
geschehen, was einer wissenschaftlichen Er- 
forschung dieser Verhältnisse auch nur ähn- 
lich wäre. Der eine oder der andere der 
Missionare würde gewiß gern eine meteoro- 
logische Station übernehmen, wenn man ihn 
mit den nöthigen Instrumenten versorgte. 
Ich für meinen Theil halte mich an das, 
was ich sehe, und finde da einen Ueber- 
fluß der trefflichsten Gräser, Futtersträucher 
und Kräuter, die in Europa einen bedentenden 
Werth repräsentiren würden, ich finde Hammel 
von ciner Schwere, wie sie in England nur 
mit der größten Anstrengung gezüchtet sind, 
— v · - . «s s- 
Ochsen, die den Stolz eines baierischen oder 
friesischen Bauern bilden könnten, Pferde, die dahin nagen sie Tags über an Büschen in der 
über jedes Lob erhaben sind. Und dies alles 
ohne das Hinzuthun des Menschen, ohne jede 
Zuchtwahl, ohne jede Pflege! 
9)9 PéCt. aller Viehzüchter im Lande ver- 
dienen diesen Namen nicht. Unter ihnen sind 
auch sehr viele Europäer, während nur hie 
und da ein Namaqua sich um seine Heerden 
kümmert. · 
tüchtigsten Thierzüchter machen, die ich im 
Lande bis jetzt antraf. Was zunächst die 
Pferde angeht, so überläßt man sie der eigenen 
Sorge und läßt siec nur suchen, wenn man sie 
braucht. Natürlich hält es schwer, die Stuten 
vor unerwünschter Blutmischung zu bewahren, 
um so mehr, als man eine Auswahl des Zucht- 
materials hier nicht kennt. . 
Das Nindvieh erfreut sich größerer Auf- 
merksamkeit in der Pflege, die Kühe werden 
gemolken, die jungen Kälber zu Hause ge- 
halten, wenn sie etwas älter werden, in der 
Nähe gehütet, bis sie mit hinaus können in 
die weite Steppe und zwar find sie mit 7—8 
Monaten hierzu befähigt. Dann beobachtet man, 
ob und wann das gesammte Rindvieh zum 
  
  
Ich will nun erzählen, wie es die 
  
Zgierde gereichen würden. 
  
7. — 
Wasser kommt. Bleibt ein Stück aus, so wird 
es gesucht. 
Die Schafe werden regelmäßig gehütet und 
kommen alle Nacht in den Kraal, sie werden 
nicht gemolken, und ihre Lämmer bleiben 3 bis 
4 Monate zu Haus. Man sucht große starke 
Böcke aus und rechnet auf 100 Schafe einen 
Bock. Bei der täglichen Zählung der Heerden 
von oft über 1500 Stück, ist es vorgekommen, 
daß zuweilen 50—250 Thiere fehlten, welche 
dann im Felde gesucht und gefunden wurden; 
der Hirte bekommt zuweilen dafür Hiebe, 
meist nur nichts fruchtende Schelte. Man 
sieht hieraus, welch ungeheure Verluste die 
Leute haben müssen, die nicht zählen. Gute 
Wollböcke würde man hier reißend los werden. 
Man krenzt einfach die afrikanischen Schafe, 
das Produkt der zweiten Kreuzung giebt schon 
brauchbare Wolle. 
Die größte Sorgfalt wird den Ziegen ge- 
widmet; gleichfalls regelmäßig gehütet, kommen 
sie nächtlich zum Kraal; reicht die Milch 
der Kühe nicht hin zum Lebensunterhalt, so 
werden auch sie gemolken. 
So unglaublich 
hart und anspruchslos die Ziege ist, so 
hinfällig ist sie jung; das Säugen derselben 
ersordert die größte Mühewaltung, da hierbei 
die kleinsten und schwächsten Zicklein angesetzt 
werden müssen, damit sie nicht zu kurz kommen, 
verkümmern und eingehen. Im Alter von 
4 Monat etwa gehen auch sie mit in's Feld, 
wenn das Gras nicht zu fern, sonst später; bis 
Nähe des Kraals und vertilgen dort jede 
Begetation. Das Fleisch der Ziege ist nicht 
so vortrefflich, wie das der Fettschwanzschafe, 
aber immerhin sehr gut. Das gell giebt ein 
vorzügliches Leder. Ein guter verschnittener 
Bock hat 80 Pfund, ja sogar bis 100 Pfund 
Schlachtgewicht, es sind also gewaltig große 
und starke Thierec. 
Von der Angorazucht gilt dasselbe wie 
von den Wollschafen; die ersten erfreulichen, 
gut gedeihlichen Anfänge wurden durch die 
traurigen politischen Verhältnisse des Landes, 
durch Krieg und Raub erstickt. Für die An- 
goraziege ist Groß-Namaqualand wie geschaffen. 
Neben dem geschätzten Mohair geben die Thiere 
ein Fell, aus welchem Decken gefertigt werden, 
die dem feinsten und vornehmsten Salon zur 
Die Angoraziege 
erreicht nicht das Gewicht der afrekanischen, 
jedoch ist ihr Fleisch schmackhafter. 
Soweit meine Aufzeichnungen über Groß- 
Namagqnaland; lese ich die Beschreibungen des 
Amurlandes, der Krim und anderer gelobter 
Länder, vernehme ich von ihren Schneestürmen,
	        
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