Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

leine Aufmunterung oder ein freundliches Wort, 
nichts als Tadel und Scheltworte von ihm . . . 
er ist ein Mensch, den man niemals zum 
Freunde wählen würde.“ Stanley hatte für 
das Lager in Yambuya den schlechtesten Platz 
und die schlechtesten Leute gewählt; die Ver- 
proviantirung war völlig unzureichend. Was 
die gegen Jameson erhobenen schweren An- 
llagen betrifft, so schreibt er über diese Vor- 
gänge kurz vor seinem Tode Folgendes an 
seine Frau: „Die Berichte, welche der entlassene 
Dolmetscher Farran für einige der belgischen 
Beamten niedergeschrieben hat, sind ein langes 
Lügengewebe. Dieselben beziehen sich auf das 
angebliche Erschießen von Eingeborenen meiner- 
seits auf dem Wege nach Kassongo, und 
auf den Verkauf eines Mädchens zum Ver- 
speisen für die Kannibalen. Ich bin beinah 
gewiß, in meinem Brief von Kassongo an Dich 
erwähnt zu haben, daß ich auf Eingeborene 
schießen mußte, um die Kanves, in denen ich 
fuhr, vor einem Angriff zu schützen.“ Den 
zweiten Vorfall schildert Jameson wie folgt: 
„Ich sagte ihm (Tippu Tiv), zu Hause glaube 
man alle diese Geschichten — über den Kanni 
balismus — nicht, darauf sprach er einige 
Worte mit einem neben ihm sitzenden Araber, 
Namens Ali, der sich dann mit den Worten 
an mich wandte: „Geben Sie mir ein wenig 
Zeug und passen Sie auf.“ Ich schickte meinen 
Diener, mir sechs Taschentücher zu holen, in 
dem Glauben, daß es auf einen Scherz dabei 
obgesehen sei; plötzlich aber erschien ein Mann, 
der ein kleines, ungefähr zehn Jahre altes 
Mädchen bei der Hand hielt — und dann 
wurde mir ein so scheußlicher, herzbrechender 
Anblick geboten, wie ich ihn im Leben nie 
gehabt, noch wieder haben werde. Mit größter 
Geschwindigkeit stieß er dem Mädchen zwei- 
mal ein Messer in die Brust, worauf sie auf 
das Gesicht fiel. Drei Männer stürzten dann 
herbei, die den Körper des Mädchens zu zer- 
schneiden begannen; schließlich wurde der Kopf 
abgeschnitten, und nicht der kleinste Theil blieb 
übrig; jeder der Männer nahm das ihm zu- 
fallende Stück mit nach dem Fluß, um es 
dort zu waschen. Das Merkwürdigste bei der 
ganzen Sache war, daß das Mädchen weder 
einen Laut von sich gab, noch sich im Geringsten 
sträubte. Bis zum lebten Augenblick konnte 
ich nicht glauben, daß sie Ernst machen wollten. 
Seitdem ich mich hier im Lande befinde, habe 
ich viele derartige Erzählungen vernommen, 
denen ich aber niemals Glauben schenken 
wollte, und ich würde wissentlich niemals ein 
olches Ungeheuer gewesen sein, einer solchen 
Scene beizuwohnen; ich hielt aber die Sache 
bis zum letzten Angenblicke nur für eine Lisl. 
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um Geld oder Geschenke aus mir heraus- 
zulocken. Das Mädchen war eine in einem 
Dorfe nahe der Stadt gefangene Sklavin, und 
die Menschenfresser waren Wacusu-Sklaven und 
Eingeborene dieses Orts, Mkulusi genannt. 
Als ich nach Hause kam, versuchte ich einige 
kleine Skizzen von der Scene zu machen, wie 
sie mir noch vor Augen stand, obgleich sie 
wohl schwerlich je meinem Gedächtniß ent- 
schwinden wird.“ 
Liegt aber die Sache so, dann wird der 
Vorwurf, dem Kannibalismus leichtfertiger- 
weise Vorschub geleistet zu haben, von dem 
Andenken des Engländers Jameson schwerlich 
entfernt werden können. 
Als sorgfältiger Beobachter und cifriger 
Zeichner versäumte es Jameson nicht, über 
die Sitten und Gebräuche der Eingeborenen 
zu berichten und seine Mittheilungen durch 
Illustrationen zu veranschaulichen. Auch die 
Schilderung seines Verkehrs mit den Arabern, 
insbesondere mit Tippu Tip, bietet viel Inter- 
essantes. Von letzterem erzählt Jameson 
unter Anderem, daß er das Vordringen der 
Deutschen nicht gern gesehen und gehofft habe, 
die Agitationen des Generals Boulanger 
würden zu einem Kriege zwischen Deutschland 
und Frankreich führen. 
Titteratur -Verzeichni. 
26. Allord, O. J. Gepiloficul!. lentures ol 
tne Transvanl South Kfric sh. 
Standford in London. 
27. Bourne, II. K. F. The other side of 
the Emin Pusha cxpedition. 6 sh. 
Chntto & Windus in London. 
28. Jame son, J. S. Jorschungen und Er- 
lebniss e im „selet Afrika“. Geschichte 
der Nachhut der Emin= Pascha-Entsatz-Expedition. 
Uebersetzt von E. Sppert. d##t 98 Illustrationen 
und 1 Rarte. 10 M., geb. 12 M. 
Verlagsanstalt u. Druckerei-Aktiengesellschaft 
(vorm. J. F. Nichter) in Hamburg. 
29. Reinisch, L. 
ost-Afrika. 
Verlag von Georg Freytag in Leipzig. 
Die Uunamasprache in Nord- 
2,00 M.
	        
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