Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

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putirtenkammer in Betreff des in den Kolonien 
anzuwendenden Zollsystems gemachten Vorschläge 
einer Berathung unterzogen. Diese Vorschläge 
bezwecken den allgemeinen Zolltarif, wie er in 
Frankreich besteht, mit geringsügigen Aus- 
nahmen auch auf die Kolonien zu über- 
tragen. 
Die Berathung ging vor sich auf Grund 
eines von einem Mitgliede der Kommission 
erstatlelen schriftlichen Berichtes. Zur Unter- 
slützung der gemachten Vorschläge wurde her- 
vorgehoben, es lomme darauf an, die zwischen 
dem Mutterlande und den Kolonien 
stehenden Vande fester zu ziehen und die Ko- 
lonien zu einem Absatzmarll für die fran- 
zösischen Produlte zu machen. In Algier gelle 
der allgemeine Zolltaris bereits seit 188.1 und 
seit dieser Zeit habe der Export von Frank 
reich nach Algier erheblich zugenommen. An- 
dererseits habe sich in den anderen Kolonien 
seit dem Senatsbeschluß von 1806, durch 
welchen den Kolonien volle Freiheit gegeben 
be- 
worden, die französischen Produlie ebenso wie 
fremde zu bestenern, 
reich aus vermindert. Im Jahre 1860 z. B. 
habe Fraulreich nach Reunion, Guadeloupe und 
Martinique für 64 Millionen Francs impor= 
tirt, während der gegemvärtige Werth der 
der Erport von Frank- 
Einfuhr nur 32 Millionen Francs betrage. 
Von mehreren Seiten wurde auch betont, 
daß, wenn die Kolonien die Vortheile ge- 
nössen, die ihnen Frankreich gewähre, sie auch 
die Lasten tragen müßlen, die die Eigenschast 
eines Franzosen mit sich bringe. Zu solchen 
Lasten gehöre auch die Unterwersung unter 
das Zollsystem Frankreichs. 
Gegen die Vorlage wurde geltend gemacht, 
es könnte nicht ein einheitlicher Tarif für alle 
Kolonien aufgestellt werden, es müßten viel- 
mehr die wirthschaftlichen Interessen der ein- 
zelnen Kolonien in Betracht gezogen werden. 
Die Thatsache, daß seit der Einführung des 
allgemeinen Zolltarifs in Algier der Export 
von Frankreich nach dieser Kolonie gestiegen 
sei, spreche nicht zu Gunsten der Vorlage. 
Algier nehme eine ganz gesonderte Stellung 
im Verhältniß zu den übrigen Kolonien ein. 
Nicht durch die Einführung des allgemeinen 
olltarifs habe sich der Export Franlreichs 
nach Algier gesteigert, sondern durch die ver- 
mehrte Eimvanderung, durch die Bemühungen 
der Bewohner Algiers und durch die Aus- 
breitung seiner Kulturen. Ein Mitglied des 
Kolonialrathes — Vertreter für Indo-China — 
wies besonders auf die üblen Folgen hin, 
welche die daselbst 1887 ersolgte Einführung 
des allgemeinen Zolltariss gehabt habe. Seit 
dieser Zeit besinde sich die Entwickelung des 
S— 
Landes (Cochinchina, Annam und Tongling) 
in rückläufiger Bewegung. 
Ziemlich allgemein wurde die Ansicht aus- 
gesprochen, daß der Kolunialrath in einer so 
außerordentlich schwierigen Frage sein Gutachten 
nicht abgeben könne, ohne vorher die Meinung 
der Kolonien selbst leunen gelernt zu haben. 
Es wurde daher beschlossen, die Berathung 
zu vertagen, bis von der Regierung die seitens. 
der lolalen Berathungslörper in den Kolonien 
gelrossenen Entscheidungen vorgelegt worden 
eien. 
Bericht des Administrators für walsisch-Bai. 
Das dem Kap-Parlamente in seiner dies- 
jährigen Tagung vorgelegte Blaubuch über 
Angelegenheiten der Eingeborenen (Blue W 
on XNative Allairs 1891) enthält einen Be- 
richt des Administrators für Walsisch Bai, 
John J. Cleverly, vom 6. Jannar d. J., 
welchem wir Folgendes entnehmen: 
Während des Jahres 1890 hat sich die 
Bevölterungsisser nicht wesentlich verändert; 
sie setzt sich zusammen aus etwa 20 Europäern, 
etwa 100 Hottentolten, einer Bastardfamilie 
und einigen Bergdamaras und Buschmännern. 
Schwerere Vergehen sind nicht vorgekommen, 
die Fälle von Trunlenheil haben in Folge der 
zur Belämpsung derselben erlassenen Bestim- 
mungen bedeutend abgenommen. Die den 
Hottentotten eigenthümliche Verschwendungssucht 
und Trägheit aber verhindern jede dauernde 
Besserung ihrer Lage; das wenige Geld, welches 
sie sich verdienen, wird nach wie vor sofort 
vergeudet, mit dem einzigen Unterschied, daß 
es früher für Branniwein ausgegeben wurde, 
jetzt jür Kassee, Zucker oder Kleidungsstücke. 
Arbeitsgelegenheit ist selten, und vom Mai bis 
Dezember, der „Hungerzeit“, zu welcher es keine 
Narafrüchte') giebt, herrscht, wie immer, Noth. 
Glücklicherweise verspricht die bevorstehende 
Nara-Ernte eine gute zu werden. Versuchs- 
weise ist während des vergangenen Jahres ein 
Fischereibetrieb mittelst des Schooners „Crystal 
Wave“ aus Kapstadt und vier Booten ein- 
gerichtel worden. Derselbe giebt einem Theil der 
Eingeborenen Verdieust, welche nach Schließung 
der Fischerei und Fleischtonservensabrik in Sand- 
wich Hasen nach Walsisch--Bai gekommen sind. 
*) Botanische Erläuterungen und gute Ab- 
bildungen von Friüchten und Samen dieser für 
Südwest-Afrika so wichtigen Pflanze sind in den 
„natürlichen Pflanzensamilien“ von A. Engler 
K. Prant# enthalten (Cncurbilnceac von 
6. O. Müller und F. R. Par S. 23 und 24). 
Die sehr lange Wurzel des Baumes wird in Süd- 
west-Afrika als Heilmittel benugt.
	        
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