Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Expedilion wiedererlannte, die nöthigen Aus- 
drücke in der Somali-Sprache sagen, so daß 
die Verständigung ganz gut möglich ist, wenn 
man einige Snaheli= oder einige Englische 
Brocken dazuwirft. 
Am 2. Juni früh lief der „Bundesrath“ 
in die Bucht von Tanga ein. Der erste An- 
blick wirkte auf uns alle überraschend: man 
glaubt, bei Ost Afrila ein großes Stück von 
allen schönen Schilderungen auf NRechnung der 
interessirten Kolonisten setzen zu müssen. Tanga 
jedensalls hat meine Erwartungen weit über- 
trossen. Die Vegetation ist eine wundervolle, 
üppige und das Panorama des Hafens wird 
sehr vortheilhaft durch die Usambara-Berge 
abgeschlossen, die ziemlich steil bis zur Höhe 
etwa des Nigi aussieigen, start bewaldet sind 
und ein sehr fruchtbares gesundes Hochplatean 
einschließen. Die Eisenbahn dorthin wird in 
allernächster Zeit begonnen werden. 
Das Negerdorf von Tanga zählt elwa 
1000 Einwohner. In der Mitte liegt das 
Gebäude der Deutsch-Ost-Afrilanischen Gesell- 
schaft, daneben die Kaiserliche Post und der 
Zollschuppen. Wir hatten einen Tag Aufent- 
halt in Tanga und da ich von hier aus nach 
dem Innern aufbrechen will, begab ich mich 
zunächst mit Dr. Peters und Dr. Erhardt 
nach dem Fort, um mir die Einfuhr meiner 
Wassen zu sichern. Dieselbe kann insofern 
Schwierigleiten haben, als das Gonvernement 
das Monopol der Waffeneinfuhr hat und jedes 
fremde Gewehr stempelt und mit 2 Nupies 
besteuert. Schwarze dürfen überhaupt nur 
Vorderlader erhalten. 
Das Fort ist schön angelegt, seine beiden 
Geschüßze beberrschen die ganze Bucht, und die 
Wohnräume sind hoch und luftig, so daß Fieber 
laum vorkommt. Die eigentliche Besatzung ist 
eine Kompagnie; eine zweite war eben hinein- 
gezogen worden, um an einer Expedition gegen 
die Massais theilzunehmen, die Ende dieses 
Monats mit Ir. Peters aufbrechen soll. 
Vielleicht schließe ich mich ihnen eine 
Strecke weit an, wenigstens wurde mir von 
den Offizieren, Hauptmann Johannes und 
Lieulenant v. Bronsart, das Adnerbieten 
gemacht. 
Das Kompagnicererziren sah ich mir am 
Nachmittage an: die Kompagnie marschirte 
ausgezeichuet gut nach deutschem Kommando 
und soll beim Schießen nicht schlechter sein 
als deutsche Retruten. Sehr tomisch wirkte 
es auf mich, einen schwarzen Unterossizier zu 
sehen, der einen Mann beim Griffemachen mit 
den schönsten Berliner Ausdrücken anfuhr und 
einen wüthenden deutschen Unterosfizier nach 
Möglichleit nachzuahmen suchte. Die „Fliegen- 
  
den Blätter“ lönnen lein schöneres Bild 
bringen. 
Als wir oben auf der Terrasse die Aus- 
sicht bewunderten, rief plötzlich die Wache 
heraus. Es war der Gouverneur Freiherr 
v. Soden, der von einem Spazierritt zurück- 
kam; er hält sich nur vorübergehend mir 
seinem ganzen Stabe, Intendant, Kanzler, 
Zolldirektor 2c. in Tanga auf. Wir besuchten, 
nachdem wir uns bei ihm gemeldet, noch die 
vangelische Mission, die ebenfalls schön gelegen 
ist, und größer ist, als ich erwartet hatte. Der 
Missionar, seine Frau, eine Schwester und ein 
Lehrer sind auf derselben beschäftigt. 
Den Abend verbrachten wir im oben er. 
wähnten Hause der Deutsch-Ost-Afrikanischen 
Gesellschaft. 
Im Großen und Ganzen also war der 
Eindruck von Tanga ein befriedigender; dieses 
Stück von Afrika sieht vielversprechend aus. 
Einzelne Plantagen werden auch bercits an- 
gelegt. 
In Dar-es-Salam sind wir heute ange- 
langt. Excellenz v. Soden war mit unserem 
Dampfer gefahren: das Gouvernementsgebände 
ist im Bau und wird mit schönen Parkanlagen 
umgeben. Ein Hotel ist auch schon hier, 
trosdem aber unter den 300 Europäern großer 
Wohnungsmangel fühlbar. Das Fort ist 
stärker armirt und die beiden Missionen größer 
als die von Tanga. 
In dem sehr guten Hasen liegt eine 
ganze Anzahl von Schiffen, und es herischt 
schon sehr viel Leben hier am Ort; nur ist 
das Moiste, wie Häuser, Plantagen, Straszen 2c., 
erst im Bau. 
Die Arbeitslöhne für Tagelöhner sind jetzt 
etwa 10 Pfennige; an sich nicht viel, aber 
doch ziemlich hoch, wenn man bedenkt, daß ein 
Weißer so viel leistel wie drei Schwarze und 
daß der Neger zu seinem Unterhalt täglich 
etwa 10 Pfennige verbraucht. 
Morgen früh verlassen wir Dar-es-Salam 
und gehen nach Sansibar. 
Pangani, den 18. Juni 1891. 
Die Hauptschwierigkeit in der Organisation 
einer Karawane nach dem Innern ist das An- 
werben von zuverlässigen Trägern. Die grosie 
Mehrzahl geht nur mit, um sich ein paar 
Tage verpflegen zu lassen und dann durchzu- 
brennen. Der einzige, der eine Art von Ga- 
rantie hiergegen leistet, ist immer noch der 
JInder Sewah Hadjih, der überall Agenten 
hat, dem alle Araber so verschuldet sind, daß 
sie ihm die nöthigen Leulte stellen müssen. Der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.