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Lumi-Fluß, an dessen linkem Ufer, auf einer
beherrschenden Höhe, ich das Lager aufschlagen
ließ. Wir lagen nun genau unter der Kultur-
grenze von Keroa. Die Einwohner des Landes
flohen von allen Seiten in ihre Befestigungen.
Meine Absicht, da ich durch meine Instruk-
tionen zu einer Kriegführung keinerlei Ermäch-
tigung besaß, war nunmehr, die unteren Zugänge
zum Lande zu besetzen und die drei Sultane
des Landes aufzufordern, mit mir über die
Ermordung meiner beiden Boten in Verhandlung
zu treten. Aber die Entwickelung ging, theilweise
wider meinen Willen, über diesen Entschluß
Dinaus.
Freiherr v. Pechmann ging mit einigen
wenigen Leuten dicht an die Bananen-Ver-
schanzungen heran, um zu rekognosziren. Da
gegen ihn feindliche Akte begonnen wurden,
erwiederte er mit Büchsenschüssen. Ich entsandte
infolgedessen den Sergcanten Schubert mit
25 Soldaten mit dem ausdrücklichen Befehl,
Freiherrn v. Pechmann zurückzubcordern. Die
25 Mann gab ich mit für den Fall, daß das
Leben des Letzteren bedroht sei. Aber, wie es
in solchen Lagen wohl leicht geschieht, wurde
Schubert mit seinen Leuten in das Gesecht
verwickelt. Ich hörte ein lebhaftes Flintengelnatter
und machte mich nunmehr selbst auf, indem ich
zum Schutze des Lagers 5 Sudanesen, 10 Ba-
gasis und etwa 60 Watschagga zurückließ. Als
ich bei den unteren Befestigungen der Wakeroe
ankam, waren diese bereits in den Händen des
Freiherrn v. Pechmann und des Sergeanten
Schubert, und die Häuser standen in Flammen.
Die Eingeborenen hatten mehrere Verluste er-
litten; auf unserer Seite war noch kein Mensch
gefallen. Ich befahl nun, mit dem Niederhauen
der Bananecn zu beginnen; für etwaige Stein-
befestigungen die mitgebrachten Leitern zu be-
nutzen, da es nicht mehr in meiner Macht stand,
das Gefecht abzubrechen. Jede Nachgiebiglkeit
in diesem Augenblick würde uns als Furcht und
Schwäche ausgelegt worden sein. Wir gingen
nun Schritt um Schritt gegen den Berg vor,
wobei freilich die eingeborenen Bundesgenossen
sich schen zurückhielten. Im Verlauf einer Stunde
nahmen wir an 20 bis 30 Gehöfte, welche ich
als Repressalie gegen die verstümmelten und
ermordeten Boten in Brand stecken ließ. Die
Eingeborenen hatten sich nirgends ernstlich gestellt,
und Sergeant Schubert sprach mir seine
Meinung aus, daß er überhaupt an einen ernst-
lichen Kampf nicht mehr glaube. Er hatlte seine
Büchse seinem Diener gegeben und führte nur
noch einen Spazierstock.
Das Niederhauen der Bananen war in der
letzten halben Stunde nicht mehr gründlich be-
trieben. Wir bewegten uns auf den ver-
schlungenen Pfaden der Eingeborenen vorwärts.
Auf einem solchen wendete ich mich mit drei
Sudanesen rechts in ein Dorf hinein, während
Schubert sich mit 6 bis 8 Snaheli-Asikaris
nach links wendete. Die Sudanesen steckten
eben die Häuser an, als sich plötzlich draußen
ein wildes Schlachtgeheunl und der Knall von
Bichsenschüssen vernehmen ließ. Ich stand dem
Thor zunächst und nahm wahr, wie eine An-
zahl von Eingeborenen mit gezückten Lanzen
auf mich einsprang. Ich hatte eben Zeit, durch
einen Doppelschuß zwei von ihnen zu erlegen,
und würde wahrscheinlich verloren gewesen sein,
da ich keinen Schuß mehr zur Verfügung hatte,
wenn nicht die Sudanesen-Unteroffiziere Achmed
Ibrahim und Seliman vorgesprungen
wären, mich zurückgerissen hätten und drei
weiterc Angreifer, schon im Sprung selbst, mit
der Kugel aus der Luft geholt hätten. Frei-
herr v. Pechmann, der den Angriff gehört
hatte, sprang von rechts, wo er befehligte, über
eine Umzännung zu meinem Schutze herein.
Wir gingen nun nach links auf Schubert's
Seile zu und hatten hier den erschütternden
Anblick, den jungen lebensfrischen Mann mit
dem Gesicht vornüber auf die Arme geworfen,
von 7 bis 8 Lanzenstichen durchbohrt, bereits
todt zu finden.
In seiner Nähe lagen die weiteren Leichen
von zwei Sunaheli-Asikaris und zwei Ver-
wundete. Die Eingeborenen hatten sich an
diesem Theil ihrer Befestigungen in die Erde
eingegraben und waren, wie auf mich, so auch
plötzlich auf Schubert eingesprungen. Aber
während die Sudanesen bei mir Stand hielten,
waren die Suaheli-Asikaris bei Schubert,
trotz dessen wiederholten Aufrufs, auch ohne
nur ihre Gewehre abzufeuern, einfach aus-
gerissen, und so war an dieser Stelle der
Ueberfall geglückt. Schubert hatte zweimal
gefeuert und ward dann getödtet. Während an
meiner Seite von den Sndanesen keiner ge-
fallen war, waren von den Ausreißern vier
niedergemacht worden. Ich ließ nun unsere
Leichen und Verwundeten zurückbringen und
übernahm dann die Führung des Gesechts
in meinem Sinne. Ich ließ eine lange Linie
bilden, deren rechten Flügel Freiherr v. Pech-
mann befehligte, während ich die linke Seite
führte. Wir rasirten jetzt das Terrain von den
Bananen und gaben damit unserer Feuerwafsse
ihr natürliches Uebergewicht. Die Eingeborenen
versuchten zweimal einen Massenangriff, wurden
aber ohne Weiteres durch die Salven der
Schützenlinie zurückgeworsen. Bis zur Dunkel-
heit hatten wir bis zu fünfzig Dörfer verbrannt.
Die Gegner hatten eine Reihe von Verlusten,
unter denen sich zwei ihrer Sultane, Kalun-