Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Geradezu llassisch ausdrucksvoll und besser 
verständlich als die längste Rede, war die 
Feierlichleit, durch die diese Uebertragung der 
Königsgewalt auf den Weißen der König seinem 
Volle darthat: 
Dr. Zintgraff und ich traten hinaus auf 
den Königsplatz, mit uns der „Rufer“ des 
Königs, sowie Fonté und Titua, — der 
König blieb zurück: nicht er mehr, der Weiße 
tritt sortan in den Kreis des Volles — nun 
wird ein Huhn gebracht und der Rufer gebietet 
Stille: lautlos lauscht die tausendlöpsige Menge, 
was ihr König ihnen mittheilt: ein Mann 
bringt etwas Pfeffer, den Dr. Zintgraff 
lauen und in den Schnabel des Huhnes speien 
muß: dann geht der Rufer mit dem Huhn, 
es an den Füßen haltend, an die Gewehre 
heran, die in langen Neihen daliegen, bestreicht 
sämmtliche Gewehre, an den Reihen entlang 
schreitend, mit dem Kopf des Huhns und ruft 
dabei fortwährend mit lauter Stimme: gleichwie 
das Huhn dadurch, daß der Weiße ihm den Pfesser 
in den Schnabel gebracht, als Eigenthum gehöre, 
gehörten ihm auch alle Gewehre, die das Huhn 
berühre. So ging er in weitem Kreis umher, 
und jedes Gewehr berührte das Huhn — halb- 
todt gemartert durch dies Verfahren, denn 
Mitleid mit Thieren lennt der Neger nicht — 
alle Kriegsmacht gehörte nunmehr dem Weißen: 
sodann trat der Rufer zu Dr. Zintgraff und 
mir zurück und nun mußte ersterer das Huhn 
ergreisen und hoch schwingend ihm den Kopf 
au der Steinpyramide zerschmettern: darauf 
lnallen 5 Schüsse und die Ceremonic ist zu 
Ende; ihre Vedentung ist die: Gleichwie das 
Huhn, gehört die ganze Kriegsmacht der Bali 
dem Weißen: wie er Macht hat, das Huhn, 
sein Eigenthum, zu tödten, so hat er fortan 
Macht, jeden, der ein Gewehr trägt, eine Wasse 
führt, zu zerschmettern, zu tödten, und das ist 
in Bali jeder vom 10. bis zum 80. Jahr (): 
eine Symbolit fürwahr, wie sie tressender nicht 
gedacht werden lann. 
Dann schritten wir die Reihen ab; eine 
siaatliche Anzahl Gewehre ist in den Händen 
dieses lriegerischen und lriegsfrohen Grasland- 
stammes, wohl an 700 Hinterlader und 1000 
Fenersteingewehre; haben die einmal schießen 
gelernt und ist das Gehorchen ihnen in Fleisch 
und Blut übergegangen, dann traun! hol- 
ich mit ihnen den Teusel aus der Hölle 
heraus, mit diesem „Volk in Wassen“ im 
Innern Asfrikas! — und doch sah ich heute nur 
den kleineren Theil dieser Zulunftstruppe! 
Das Palaver auf dem Königsplatz war 
zu Ende; die Bali strömten auseinander, Schüsse 
tnallten, endloses Geschrei durchhallte die Luft. 
544 
  
Wir gingen zurück zum König, der mittlerweile 
den Kriegsschmuck mit dem „Gewand des 
Bürgers“ vertanscht und behaglich bei seinem 
warmen Palmwein saß. Mächtige Kalebassen 
wurden von Neuem herbeigeschleppt und der 
„Umbtrunk“ begann von Neuem. Jeder Bali, 
glaube ich, kommt mit einer Kalebasse voll Palm- 
wein auf die Welt, und so siellte jeder seinen 
Mann: ein ganz unheimlicher Zecher aber war 
einer vom „hohen Nath“, ein fröhlicher Alter, 
der mich an jenen gewaltigen Zecher Halwar 
zu weiland Held Frithjofs Zeiten gemahnte, 
der schweigsam draußen saß vor Jarl An- 
gantyrs Mothhalle und treulich Wache hiell: 
„Eins war dem Alten eigen, 
Stets trank das Horn er leer 
Und reicht es dann mit Schweigen 
Hinein und heischte mehr.“ — 
So saßauch mein Bali-Palmweinzecherschweigend 
abseits vom Kreise der anderen und reichte nur 
in stels gleich kurzen Pausen sein leeres Büssel 
horn dem Palmweinschenken in den Kreis hinein! 
Gegen 5 Uhr kehrten wir nach der Station 
zurück: in Bali drüben ward wacker weiter 
getrunken, und bis spät in die Nacht hinein 
tönten die Pfeisen, die Trommeln, der Lärm 
des Tanzes hinüber nach Baliburg. 
Der Anbau der Baumwolle in den deutschen 
Schutzgebicten. 
Die Ergebnisse der Versuche mit dem Anban 
der Baumwolle in den verschiedenen Schutz- 
gebieten sind bisher folgende gewesen: 
I. Togo. 
Am längsten ist die Kultur der Baum- 
wollenstande in dem Schußgebiete von Tog# 
heimisch. Im Hinterlande wird die Baumwolle 
durch die Eingeborenen in Feldern angebaut, 
und sieht man daselbst auf den Märkten ein- 
heimische, sehr dauerhafte Baumwollenstofsfe. 
Auch werden kleine Quantitäten der von den 
Eingeborenen des Hinterlandes gewonnenen 
Baumwolle in Lagos und Accera fortwährend 
exportirt. 
An der Küste wurde die Baumwolle 
während der Jahre 1865 bis 1870 ebensalls 
von den Eingeborenen in größeren Mengen 
kultivirt und von den Franzosen gekauft, ge- 
reinigt und exportirt. Bei den hohen Preisen, 
die damals gezahlt wurden, vernachlässigten 
die Eingeborenen ihre Cerealicupflanzungen, 
und sehlten ihnen daher beim sogenannten 
Baumwollenlrach sowohl die Lebensmittel, wie 
die Mittel, solche zu kaufen. Bei der in Folge 
dessen eingetretenen Hungersnoth beschlossen die 
Häuptlinge, teine Baumwolle mehr zu pflanzen. 
Seitens der Europäer wurden die ersten 
Versuche mit dem Anbau der Baumwolle im 
Jahre 1889 gemacht. Damals berichtete der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.