Geradezu llassisch ausdrucksvoll und besser
verständlich als die längste Rede, war die
Feierlichleit, durch die diese Uebertragung der
Königsgewalt auf den Weißen der König seinem
Volle darthat:
Dr. Zintgraff und ich traten hinaus auf
den Königsplatz, mit uns der „Rufer“ des
Königs, sowie Fonté und Titua, — der
König blieb zurück: nicht er mehr, der Weiße
tritt sortan in den Kreis des Volles — nun
wird ein Huhn gebracht und der Rufer gebietet
Stille: lautlos lauscht die tausendlöpsige Menge,
was ihr König ihnen mittheilt: ein Mann
bringt etwas Pfeffer, den Dr. Zintgraff
lauen und in den Schnabel des Huhnes speien
muß: dann geht der Rufer mit dem Huhn,
es an den Füßen haltend, an die Gewehre
heran, die in langen Neihen daliegen, bestreicht
sämmtliche Gewehre, an den Reihen entlang
schreitend, mit dem Kopf des Huhns und ruft
dabei fortwährend mit lauter Stimme: gleichwie
das Huhn dadurch, daß der Weiße ihm den Pfesser
in den Schnabel gebracht, als Eigenthum gehöre,
gehörten ihm auch alle Gewehre, die das Huhn
berühre. So ging er in weitem Kreis umher,
und jedes Gewehr berührte das Huhn — halb-
todt gemartert durch dies Verfahren, denn
Mitleid mit Thieren lennt der Neger nicht —
alle Kriegsmacht gehörte nunmehr dem Weißen:
sodann trat der Rufer zu Dr. Zintgraff und
mir zurück und nun mußte ersterer das Huhn
ergreisen und hoch schwingend ihm den Kopf
au der Steinpyramide zerschmettern: darauf
lnallen 5 Schüsse und die Ceremonic ist zu
Ende; ihre Vedentung ist die: Gleichwie das
Huhn, gehört die ganze Kriegsmacht der Bali
dem Weißen: wie er Macht hat, das Huhn,
sein Eigenthum, zu tödten, so hat er fortan
Macht, jeden, der ein Gewehr trägt, eine Wasse
führt, zu zerschmettern, zu tödten, und das ist
in Bali jeder vom 10. bis zum 80. Jahr ():
eine Symbolit fürwahr, wie sie tressender nicht
gedacht werden lann.
Dann schritten wir die Reihen ab; eine
siaatliche Anzahl Gewehre ist in den Händen
dieses lriegerischen und lriegsfrohen Grasland-
stammes, wohl an 700 Hinterlader und 1000
Fenersteingewehre; haben die einmal schießen
gelernt und ist das Gehorchen ihnen in Fleisch
und Blut übergegangen, dann traun! hol-
ich mit ihnen den Teusel aus der Hölle
heraus, mit diesem „Volk in Wassen“ im
Innern Asfrikas! — und doch sah ich heute nur
den kleineren Theil dieser Zulunftstruppe!
Das Palaver auf dem Königsplatz war
zu Ende; die Bali strömten auseinander, Schüsse
tnallten, endloses Geschrei durchhallte die Luft.
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Wir gingen zurück zum König, der mittlerweile
den Kriegsschmuck mit dem „Gewand des
Bürgers“ vertanscht und behaglich bei seinem
warmen Palmwein saß. Mächtige Kalebassen
wurden von Neuem herbeigeschleppt und der
„Umbtrunk“ begann von Neuem. Jeder Bali,
glaube ich, kommt mit einer Kalebasse voll Palm-
wein auf die Welt, und so siellte jeder seinen
Mann: ein ganz unheimlicher Zecher aber war
einer vom „hohen Nath“, ein fröhlicher Alter,
der mich an jenen gewaltigen Zecher Halwar
zu weiland Held Frithjofs Zeiten gemahnte,
der schweigsam draußen saß vor Jarl An-
gantyrs Mothhalle und treulich Wache hiell:
„Eins war dem Alten eigen,
Stets trank das Horn er leer
Und reicht es dann mit Schweigen
Hinein und heischte mehr.“ —
So saßauch mein Bali-Palmweinzecherschweigend
abseits vom Kreise der anderen und reichte nur
in stels gleich kurzen Pausen sein leeres Büssel
horn dem Palmweinschenken in den Kreis hinein!
Gegen 5 Uhr kehrten wir nach der Station
zurück: in Bali drüben ward wacker weiter
getrunken, und bis spät in die Nacht hinein
tönten die Pfeisen, die Trommeln, der Lärm
des Tanzes hinüber nach Baliburg.
Der Anbau der Baumwolle in den deutschen
Schutzgebicten.
Die Ergebnisse der Versuche mit dem Anban
der Baumwolle in den verschiedenen Schutz-
gebieten sind bisher folgende gewesen:
I. Togo.
Am längsten ist die Kultur der Baum-
wollenstande in dem Schußgebiete von Tog#
heimisch. Im Hinterlande wird die Baumwolle
durch die Eingeborenen in Feldern angebaut,
und sieht man daselbst auf den Märkten ein-
heimische, sehr dauerhafte Baumwollenstofsfe.
Auch werden kleine Quantitäten der von den
Eingeborenen des Hinterlandes gewonnenen
Baumwolle in Lagos und Accera fortwährend
exportirt.
An der Küste wurde die Baumwolle
während der Jahre 1865 bis 1870 ebensalls
von den Eingeborenen in größeren Mengen
kultivirt und von den Franzosen gekauft, ge-
reinigt und exportirt. Bei den hohen Preisen,
die damals gezahlt wurden, vernachlässigten
die Eingeborenen ihre Cerealicupflanzungen,
und sehlten ihnen daher beim sogenannten
Baumwollenlrach sowohl die Lebensmittel, wie
die Mittel, solche zu kaufen. Bei der in Folge
dessen eingetretenen Hungersnoth beschlossen die
Häuptlinge, teine Baumwolle mehr zu pflanzen.
Seitens der Europäer wurden die ersten
Versuche mit dem Anbau der Baumwolle im
Jahre 1889 gemacht. Damals berichtete der