Bericht des Kaiserlichen Kommissars Dr. Peters
über Minerallager am Kilimandscharo.
Euerer Excellenz beehre ich mich, ganz
gehorsam die im Schreiben vom 28. No-
vember 1891 in Aussicht gestellte Probe von
Verdampfungsprodukt, Wasser und Erde aus
dem Natron-See Mandschara zu überreichen.
Das Wasser ist zur Hälfte vom Nande,
zur Hälfte aus der Mitte des Sees entnommen.
(Siehe Angaben auf den Flaschen.) Das Salz
scheint ziemlich reines Natron bicarbonicum
mit etwas Schwefelzusatz zu sein. Das Wasser,
welches vom Rande des Teiches genommen ist,
enthält eine sehr große Menge Schwefelwasser-
stoff; das aus der Mitte scheint außerdem
Brom, Chlor und andere chemikalische Sub-
stanzen zu enthalten. Der Mandschara wird
von Kibonoto in genau westlicher Richtung in
zwei bis drei starken Tagemärschen erreicht und
scheint demnach acht bis zehn deutsche Meilen
westlich von Kibonoto, unserer äusßzrsten
Position am Kilimandscharo, zu liegen. Es scheint
mir, daß der sogenannte Mandschara-See ziemlich
in der Mitte zwischen Kilimandscharo und Dönjo
Ngai liegt. Demnach ist seine Einzeichnung
auf den Karten, südwestlich von Aruscha nju
falsch. Vom Mandschara aus hat man den
Dönjo Ngai wenigstens in Sicht.
Dieser sogenannte See siellt nun in Wirk-
lichkeit ein kleines rundes Teichlein mit einem
Durchmesser von etwa 150 Metern dar. Die
Ufer sind kahl und aus der beigefügien Erd-
probe gebildet. Die Wasserfläche ist an ihrer
tiessten Stelle eiwas über Knietiese. In der
Mitte dieser Wasserfläche befinden sich zwei
Quellen, eine etwas größere und eine etwas
kleinere, aus welchen die beigefügte Wasser-
probe stark hervorsprudelt. Dieses hervor-
sprudelnde Wasser ist nicht heiß, sondern kalt.
Um die Quelle herum hat sich ein Niederschlag
Natron gesteinartig über die Wasserfläche empor
angesetzt, welcher die beigesügten Proben ent-
nommen sind. Das Wasser läuft rinnenartig
über diese Natronschicht, welche sich demnach
wie die Röhrenumkleidung eines Wasserwerks
ausnimmt, in das weitere Becken ab.
Das ganze Land um den Mandschara herum
ist ähnlich wie die beigesügte Erdprobe. Im
Norden, etwa zwei Tagemärsche davon, ist die
Quelle Kilonito, welche heiß ist, aber eine
ähnliche chemische Zusammensetzung hat. Das
mitgeschickte Wasser ist von solcher Stärke,
wie sicherlich die chemische Analyse ergeben
*) Ein Bericht des Kaiserlichen Gouverneurs
überdas Ergebniß der Untersuchung liegt nochnicht vor.
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wird, und die ganze Beschreibung paßt so
sehr auf die pernanischen Landschaften, daß
ich hoffe, die Analyse wird auch Salpetersäure
neben dem Natron ergeben. Immerhin läßt
sich schon jetzt aussprechen, daß zwischen Kili-
mandscharo und Dönjo Ngaichemische Mineral-
lager von mächtiger Ausdehnung sich befinden.
Von dem beigejügten Natron bicarbonicum
soll so viel am Mandschara sein, daß man es
aufsammeln und auf Wagen fortfahren kann.
Es ist vielleicht nicht uninteressant, zu erfahren,
wie es mir möglich gewesen ist, diese in hohem
Maße folgenreichen Entdeckungen zu machen.
Ich hatte hier fünf Halbaraber, welche
des Sklavenhandels verdächtig, aber nicht über-
führt waren; vor Allem einen gewissen Malim
aus Angasija. Sie waren hier längere Zeit
in Haft gehalten worden. Da sie die Um-
gegend weit und breit lennen, verdanke ich
ihnen viele Auskünfte über die Länder im
Westen von hier, unter Anderem über den
Mandschara. Diese Leute veranlaßte ich, mir
Wasser, Salz, Sand und genaue Auskunft
über den Mandschara zu verschaffen. Ich
riskirte an jedem einen Vorderlader mit ein
wenig Munition. Sie haben ihren Auftrag
zum Mandschara von hier aus in dreizehn,
von Kibonoto aus in fünf Tagen hin und
zurück gemacht. Dies ist zugleich ein Beweis
dafür, welchen Werth die nervenschwache Auf-
fassung hat, als müsse man immer Hunderte
von Mann als Bedeckung haben, wenn man
in Afrika auch nur einige Schritt reisen will.
Diese fünf Leule sind als Abgesandte von
mir durch dichte Massen von Massais gereist
und wohlbehalten wieder zurückgekehrt, obwohl
jeder von ihnen nur etwa zehn Schuß Munition
besaß. So weit reicht bereits unsere Stellung
nach Westen hin.
Falls sich die gemachten Feststellungen ver-
werthbar und die entdeckten Mineralschichten
abbaufähig erweisen sollten, so würde das
Kilimandscharo-Gebiet dadurch eine erheblich ver-
stärkte Bedeutung jür unsere Kolonie erhalten.
Dann würde die Frage sich aufdrängen, ob es
sich nicht empfiehlt, zum Schutzee eines etwaigen
chemischen Unternehmens eine Station nach
Westen vorzuschieben und unsere Stellung hier
entsprechend zu verringern.
Dr. Baumann, als Entdecker, wird in
dieser Richtung seine Arbeit hier im Wesentlichen
gethan finden. Wichtig wäre es, wenn derselbe
einen praktischen Bergmann mitbrächte und zu-
gleich auch einen Chemiker, welcher für eine
ekwaige Ausbeutung die Anschläge an Ort und
Stelle machen könnte.