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naren gegenüber sofort eine drohende Stellung
einnahmen, so daß Lettere Monate hindurch
in Lebensgefahr schwebten. Am 30. Juni
mußte er mit ungefähr 60 Kindern, von denen
die kleinsten noch getragen werden musßten,
nach Bukumbi fliehen, ein Marsch voll Sorgen
und Qualen aller Art, da auf ihm die Ver-
antworkung für diese Kinder lastete. Glücklich
erreichte die Karawane Urima, einige Tage-
märsche von Bukumbi entfernt. Hier wurde
Pater Schynse schwer krank und schwebte
einige Tage zwischen Leben und Tod. Pater
Girault eilte ihm mit Zelt und Kräftigung
entgegen, und so gelang es seiner Pflege, den
schwererkrankten Mitbruder nach Bukumbi zu
bringen, wo er sich schnell unter der beson-
deren Pflege Migr. Livinhacs erholte, so
daß er schon am 1. Oktober den Auftrag seines
Oberhirten ausführen und den fast erblindeten
Pater Girault nach der Küste geleiten konntc.
In Eilmärschen erreichte die kleine Missions=
karawane bei Irundi die große Stanleysche
Expedition, welcher sie sich jetzt bis zur Küste
anschloß, die Anfang Dezember erreicht wurde.
Diesen Zug beschreibt Pater Schynse in dem
ebenfalls von Kanonikus Hespers herausge-
gebenen Tagebuch „Mit Stanley und Emin
Pascha durch Deutsch-Ostafrika.“")
Bis April 1890 verblieb Schynse in
Sansibar. Dann schloß er sich, dem Wunsche
des damaligen Reichskommissars v. Wissmann
entsprechend, der unter Führung Emins ab-
gehenden deutschen Expedition an. Von Tabora
aus, wo Emin einen Monat verbrachte, eilte
ihm Schynse nach Bukumbi voraus. Von
jetzt an war er wieder direkt in der Mission
thätig. Da seine Mitbrüder in Uganda infolge
Mangels und Entbehrungen hinzusinken drohten,
übernahm er es, eine Karawane um das Süd-
und Westufer des Victoria-Nyansa-Sees herum
nach Uganda zu führen, wobei er gleichzeitig
geeignete Posten zur Anlage neuer Missions-
stationen aussuchte. Am 28. Januar 1891 trat
er den Marsch an, unter den größten Müh-
salen und Gefahren gelang es ihm, seine Auf-
gabe zu lösen; am 9. März erreichte er wieder
Bukumbi. Eine in Kürze auf Wunsch Msgr.
Livinhacs seitens des Görres-Vereins heraus-
zugebende Broschüre enthält den Anfang dieses
Marsches, das Tagebuch selbst konnte der
Missionar nicht mehr vollenden. Die bezügliche
Karte, auf welcher das Süd: und Westuser
des Sees festgestellt, ist noch zu Lebzeiten des
Missionars in den „Petermann'schen Mitthei-
lungen“ veröffentlicht worden.
*) Vergl. D. Kol. Bl. 1890, S. 42.
Die Entbehrungen und Leiden dieses Mar-
sches hatten seine Kraft gebrochen, er erkranlie
wiederholt an schweren Fiebern und starken rheu-
matischen Anfällen. Am 15. November zog
sich der Nheumatismus nach der Brust, Lungen-
und Rippenfellentzündung traten hinzu. Am
18. November starb der muthige und begabte
deutsche Missionar, dessen Andenken von denen,
welchen die Ausbreitung des Christenthums
und der Kultur im schwarzen Erdtheil am
Herzen liegt, stets hoch geehrt werden wird.
Bericht des Dr. Preuß über die Rultur- und
Uutzpflanzen in Ramerun.
Das mit dieser Nummer des Kolonialblattes
ausgegebene 2. Heft der „Mittheilungen aus
den deutschen Schutzgebieten“ bringt unter
Anderem einen Bericht des Dr. Preuß über
Kultur= und Nutzpflanzen im Kamerungebiet.
In diesem sehr bemerkenswerthen Aussatze giebt
der Verfasser eine Darlegung der Erfahrungen,
welche bisher in den Plantagen des Schuß-=
gebietes sowie in dem Botanischen Garten in
Viktoria in dieser Richtung gewonnen worden
sind. Nach seiner Ansicht hat das Kamerun-=
gebirge mit seinen aus verwitterten vulkanischen
Gesteinen bestehenden starken Humusschichten
eine grosßße Zukunft für den Plantagenbau,
doch wird man wegen der Beschränktheit der
verfügbaren Arbeitskräfte zunächst den Anbau
von solchen Kulturpflanzen vermeiden müssen,
welche, wie alle einjährigen Pflanzen, eine
verhältnißmäßig große Zahl von Arbeitern
überhaupt, oder wenigstens zu gewissen Jahres-
perioden bedürfen. Dr. Preuß weist ferner
darauf hin, wie angemessen es wäre, wenn
seitens des Gouvernements von Kamernn der
Botanische Garten in Biktoria zu einer
Versuchsplautage erweitert würde. Denn um
einen wirklichen Nuten für die Praxis aus
dieser Einrichtung zu stisten, um bestimmte
Schlüsse auf die Güte und das Maß der
Ertragsähigkeit, also auch der Nentabilität der
in Versuch genommenen Pflanzenarten zu ge-
statten, müßten die daselbst angestellten Anbau-
proben in etwas größerem Maßstab aus-
geführt werden, als dies bisher geschehen ist.
Die in dieser Richtung von Dr. Preuß unter-
breiteten Vorschläge sind seitens der Kolonial-
abtheilung in eingehende Erwägung gezogen
worden und dürften dieselben demnächst ihrer
Verwirklichung entgegengeführt werden.