— 309 —
mung nicht eingeschlagen werden. Ich wählte
daher den weiteren Weg über Mvona und
Kolero. Der Weg nach Mona führt durch
Steppe, welche in ihren niedriger gelegenen
Theilen unter Wasser stand, weite Maisfelder
vor dem Dorfe Mvua waren ebenfalls über-
schwemmt, und mußte hier eine Strecke von
etwa ¾ Stunden durch bis an die Hüsten
reichendes Wasser marschirt werden; das
Durchschreiten des Moua-Baches bereitete keine
Schwierigkeiten, das Wasser desselben reichte etwa
bis zur Brust. Auf dem rechten Ufer des
Baches, welches das andere um etwa 10 m
überhöht, liegt das Dorf Mona. Der Jumbe
desselben, Namens Kibunguzi, hatte zur Feier
meiner Ankunft einen etwa 2 m breiten Weg
vom Flusse bis zum Lagerplatz anlegen und
letzteren säuberlich roden lassen. Die Einwohner
waren nicht entflohen und brachten sofort nach
meinem Eintressen Nahrungsmittel in reichlicher
Menge. Auseerdem hatten sich viele Leute aus
den in der Nähe gelegenen Dörfern Magogoni
und Tulo eingefunden in der Absicht, mich zu
begleiten und in Kisaki ihre geraubten Ver-
wandten wiederzuerhalten. Der Marsch von
Tununguo nach Mona hatte elwa 8 Stunden
gedauert.
Mit dem nächsten Tage trat ich aus der
Ebene des Kinganinetzes heraus in die Vor-
berge des Ulungurn= Gebirges. Von diesem
aus hat man einen herrlichen Ausblick nach
Norden in das Gebirge, welches einen sehr
markirten Charakter hat, nach Süden in die
weite Ebenc des Nufidji. Die Ulunguruberge
haben eine geringe Längenausdehnung, doch
erheben sich die Gipfel derselben zu beträcht-
licher Höhe, insbesondere gewähren der Kitonga,
Mwencholuc, Ukuama, Longwe, Ukambalu und
Mhunsugurn (von Süden nach Norden aufge-
zählt) einen imposanten Anblick.
Nach vierstündigem Marsche wurde Kolero
erreicht. Die Einwohner dieses Dorfes hatten
bis auf etwa 4 km Entfernung eincu breiten
Weg angelegt und auch den Lagerplatz vor-
bereitet. Kolero wurde noch vor einem Monat
von den Masitis heimgesucht; hierbei brannten
diese etva 30 Hütten des Dorfes nieder,
raubten 25 Menschen und tödteten fünf.
Die Anführer dieses Nanbzuges waren die
Masiti-Häuptlinge Hongo, Kamamkla und
Mkambi, alle Unterthanen des großen Mafiti-
Häuptlings Mtikatika. Der Grund zu dem
Kriege soll solgender gewesen sein: Der Mafiti
Mkambi hatie bei einem längeren Aufenthalte
in Kolero Mlamhangara, die Tochter der Re-
gentin dieses Dorfes, geschwängerl. Bei seiner
Rückkehr nach Kisaki verlangte er die Mlam-
hangara zur Frau. Da sie ihm jedoch ver-
weigert wurde, beschloß er sie zu rauben. Dies
gelang ihm nicht, denn seine Auserwählte
rettete sich durch die Flucht. Aus Rache äscher-
ten die Mafitis Kolero theilweise ein.
Kolero ist ein sehr großes, wohlhabendes
Dorf mit im Ganzen etwa 500 bis 800 Hütten.
Es liegt vollständig verborgen mitten zwischen
Urbusch und Felsen, am Abhange einer Höhe
und besteht aus etwa 15 verschiedenen Theilen,
welche nahe beisammen liegen und nur durch
äußerst schwierige Felspsade miteinander ver-
bunden sind. Die einzelnen Hütlen, rund ge-
baut, sind oft zwischen große Felsblöcke so
eingezwängt, daß sie gar nicht zu bemerken
sind; die zwischen den Felsen übrig gebliebenen
schmalen Zwischenräume bilden den Zugang zur
Hütte. Die Einwohner des Dorfes zeigten sich
bei meinem Besuche sehr zutraulich, selbst die
Frauen liefen nicht fort. Die Leute scheinen
sehr fleißig zu sein, die Felder sind in gutem
Zustande.
Eine alte ehrwürdige Frau Namens Msigila,
welche in ihrer Jugend sehr hübsch gewesen sein
mag, führt die Herrschaft über dieses Dorf;
hierin wird sie unterstützt von ihrem Bruder
Mfaume und ihrem Sohn Tschiguta, ihr au-
derer Sohn Mhangala ist beim letzten Mafiti-
Einfall getödtet worden.
In der Nacht auf den 18. März entliesen
wieder 30 Träger. Zum Anwerben von neuen
und zum Nachbringen der zurückbleibenden
Lasten ließ ich einen Suaheli-Schausch mit
fünf Mann zurück.
Der Weg von Kolero nach Kisaki verläßt
sehr bald die Berge und tritt in die Ebene
des Mgeta und Ngasi, welche mit sehr hohem
Gras bestanden und gegenwärtig vielfach über-
schwemmt ist. Unterwegs wurde die Spur
einer Karawane angetroffen, welche in entgegen-
gesetzter Richtung zu uns marschirt und in der
Richtung nach Matombo abgezweigt war; um
ein Uhr wurde auch deren Lagerplatz mit noch
glimmenden Feuern erreicht. Obwohl die Ver-
muthung nahe lag, daß Masitis hier genächtigt
hätten und vielleicht auf Raub ausgezogen
wären, so hielt ich doch eine Verfolgung der-
selben für aussichtslos, denn abgesehen davon,
daß sie sich im hohen Gras einer Verfolgung
sehr leicht entziehen konnten, hatten sic min-
destens einen halben Tag Vorsprung, waren
also nicht mehr zu erreichen. Ich bezog das
verlassene Lager, ließ das hohe Gras bis auf
eine Entfernung von etwa 100 m ringsherum
niederlegen und sicherte mich durch zahlreiche
Posten.
Am nächsten Tage erreichte ich nach heißem
elfstündigen Marsch, der fortgesetzt durch hohes
Gras, oft weite Strecken durch überschwemmtes