Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

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lich, solche Individuen gleich nach der Geburt 
zu tödten. Daher die geringe Zahl der gegen- 
wärtig existirenden jugendlichen Mulatten. 
Da dieselben, wie gesagt, in der Familie 
ihrer Mütter aufwachsen, werden sie in ihrem 
Entwickelungsgange nichts Anderes als Neger 
werden, und besteht sonach kein Anlaß, sie 
rechtlich anders zu behandeln, als die Lepßteren. 
ad II A 1. Es bestehen thatsächlich keine 
Herrsck —2 I. s4.3. AM. MIENN! J. 
und Eingeborcnen, welche als Ausflüsse eines 
Eigenthumsrechts des Herrn über den Sklaven 
anzusehen sind. 
all 2. Es findet ein Verpflichten zu Dien- 
sien gegenüber Nichteingeborenen statt seitens 
freier Eingeborener durch unmittelbaren Ver- 
tragsschluß mit dem Nichteingeborenen, seitens 
Unfreier durch Vermittelung dessen Herrn, mag 
dieser ein Freier oder ein sklavenbesitzender 
Sklave oder Unfreier sein. 
ad 3. Die Arten von Diensten sind un- 
begrenzt; der Eingeborene verpflichtet sich zu 
allen Diensten, die er leisten zu können glaubt. 
Dies darf jedoch nicht so verstanden werden, 
als ob jeder Eingeborene zu Diensten jeder 
Art sich verwenden ließe. Gewisse Stämme 
und gewisse Individuen werden sich immer 
bloß zu gewissen Arten von Diensten verpflich- 
ten, je nach ihren vorherrschenden Neigungen 
und Lebensgewohnheiten. 
Ueber die Dauer solcher Verpflichtungen 
lassen sich keine allgemeinen Regeln ausstellen, 
es sei denn für die eingeführten Arbeiter, welche 
sich theils zu einjährigem Dienste, wie z. B. 
die Kruneger, theils zu zweijährigem und nur 
ganz ausnahmsweise zu längeren Diensten ver- 
pflichten. Da dieselben in ihre meist serne 
Heimath nur auf Seeschiffen gelangen können, 
und der Dienstherr die Passage für sie zu be- 
zahlen hat, so ist auch bloß bei ihnen der Ab- 
schluß eines zeitlich begrenzten Dienstvertrages 
durchführbar. 
Bei dem einheimischen Eingeborenen hat in 
den meisten Fällen ein Dienstwertrag auf be- 
stimmte Zeit keinen praltischen Werth; wenn 
ihm die Fortsetzung des Dienstes nicht mehr 
paßt, so wird er eben weglausen; ebensowenig 
wird es ihm einfallen, von seinem Dienstherrn, 
der ihn vor Ablauf der Vertragszeit ohne recht- 
sertigenden Grund etwa fortschicken sollte, eine 
Entschädigung oder gar den noch nicht abver- 
dienken ausbedungenen Lohn zu beanspruchen. 
Der einheimische Eingeborene läßt sich schwer 
herbei, einen Akkordvertrag abzuschließen. Erstens 
fühlt er sich in seiner individuellen Freiheit 
dadurch zu sehr beschränkt, weil er, wenn vor 
beendeter Arbeit davonlaufend, auch für die 
geleistete keine Bezahlung bekommen würde, 
  
und dann auch schon deshalb, weil er bei 
seinem meist sehr unentwickelten Rechnungs- 
vermögen keinen Maßstab zur Abwägung von 
Leistung und Gegenleistung zu finden vermag. 
Aus diesen Gründen ist ihm ein Arbeits- 
vertrag auf Tagelohn das Liebste, weil er dabei 
noch den Vortheil hat, durch möglichste Faul- 
heit bei der Arbeit das Vertragsverhältniß 
beliebig zu verlängern, zumal wenn er weiß, 
daß der Nichteingeborene seine Arbeitsleistung 
nicht entbehren kann, oder wenn vertragsmäßig 
die Verköstigung des eingeborenen Arbeiters 
vom Arbeitgeber zu leisten ist. 
ad 4. Der Abschluß von Dienstmiethe- 
Verträgen mit freien Eingeborenen vollzieht sich 
in der Weise, daß der Nichteingeborenc, wenn 
er mit einem oder einigen wenigen Eingeborenen 
zu thun hat, unmittelbar mit diesen kontrahirt, 
wenn mit einer größeren Zahl, dagegen mit 
dem gewählten Vormann oder Unternehmer. 
Die eingeführten Arbeiter kommen regelmäßig 
in Trupps von 12 bis 30 Mann unter einem 
Vormanne an und haben sich vorher gewöhn= 
lich der Zustimmung ihres Häuptlings zum 
Verlassen ihrer Heimath versichert. Umgekehrt 
giebt es keine Ausfuhr von Eingeborenen aus 
dem Schutzgebiete Kamerun, und läßt sich daher 
nicht sagen, wie sich in einem solchen Falle das 
Verhältniß zur Familie oder zum Stamme ge- 
stalten würde. 
Der Nichteingeborene, welcher die Dienste 
eines Eingeborenen miethet, unterhandelt bloß 
mit diesem selbst und denkt gar nicht daran, 
dessen Familie oder den Häuptling oder Stamm 
um ihre Zustimmung zu fragen. 
ad 5. Ein Dienstmiethe-Vertrag mit einem 
Sklaven ist in Kamerun rechtlich unmöglich; der 
Nichteingeborene kann bloß mit dem Herrn 
desselben abschließen, der ein Recht auf die 
Arbeitsleistung des Sklaven hat; dagegen ist 
ein Vertragsabschluß mit einem Unfreien, der 
nicht Sklave ist, sehr wohl möglich, sei es, daß 
der Unfreie selbst die Dienste leisten soll oder 
sie durch seine Sklaven leisten läßt. Das 
Nähere zur Beleuchtung dieses Verhältnisses 
von Unfreien und Sklaven wird bei Beant- 
wortung der Frage B vorgetragen werden. 
Die eingeführten Arbeiter sind siets Freie. 
ad 6. Wer in Ausführung eines Dienst- 
miethe-Vertrages Arbeiter stellt, übernimmt die 
Verpslichtungen und erwirbt die Rechte, welche 
aus einem Dienstmiethe-Vertrage überhaupt ent- 
springen können, wobei es keinen Unterschied 
macht, ob freie oder unfreie Arbeiter gestellt 
werden. Der Miether hält sich lediglich an 
denjenigen, der die Arbeiter gestellt hat, zahlt 
an ihn die Miethe oder macht ihm Abzige,
	        
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