Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

die Namen ihrer ehemaligen Stammsitze noch 
unbekannt sind, sie sind durch viele Hände ge- 
laufen, bis sie zur Küstenzone gelangten; unter 
ihnen dürften etwa sieben bis acht verschiedene 
Sprachen vertreten sein. Der Preis eines 
männlichen Sklaven schwankt nach deutschem 
Geld bemessen zwischen 100 bis 160 Mark, 
kann auch ausnahmsweise bis 200 Mark 
steigen; junge Sklaven kosten mehr als er- 
wachsene, weil sie sich leichter an die Sitten 
und Lebensweise ihres Herrn gewöhnen und 
bildungsfähiger sind. Es muß hervorgehoben 
werden, daß die Sklaven im Allgemeinen 
auf einer viel niedrigeren Bildungsstufe slehen 
als ihre Herren; eine Sklavin wird mit 200 
bis 300 Mark bezahlt. 
ad 13. Die Rechtsfähigleit des Sllaven 
hier zu Lande kann nicht nach Analogie der 
römisch-rechtlichen Grundsätze beurtheilt werden. 
Theoretisch betrachtet ist er nichts Anderes, als 
ein Vermögensstück seines Herrn; er sowie seine 
Kinder können vom Herrn beliebig veräußert 
werden, er und die Seinen müssen für den 
Herrn arbeiten, er kann nicht vor Gericht auf- 
treten u. s. w. In Wirllichkeit aber ist das 
Verhältniß des Sklaven zum Herrn ein ganz 
anderes, und ein Freier, der sein Recht gegen- 
über dem Stlaven bis zu den äußersten Kon- 
sequenzen obigen Prinzips üben wollte, würde, 
soweit ihm nicht durch andere Einflüsse Einhalt 
geboten werden sollte, wozu ich insbesondere 
den Widerstand der Milstlaven rechne, sich 
jedenfalls der größten Mißbilligung seitens 
seiner Stammesgenossen ausseten. 
Schon die einfache Veräußerung eines 
Sklaven gilt wenigstens unter der Dualla- 
bevöllerung als gegen die gute Sitte verstoßend 
und wird bloß durch Unbotmäßigkceit, Schulden= 
machen, strasbare Handlungen des Sklaven ge- 
rechtfertigt; ein mujäheri kann überhaupt nur 
zur Strafe verkauft werden. Anders sreilich, 
wenn der Eigenthümer, von Gläubigern ge- 
drängt, zum Verkauf schreuen muß; dann fallen 
diese zarten Rücksichten weg. Wie weit das 
alte starre Necht durch den Einfluß der 
Regierung, sowie der Missionen bereits 
gemildert wurde, beweist die Thatsache, 
daß nicht bloß bei den Regierungsge- 
richten, sondern auch bei den Einge- 
borenengerichten jetzt Sklaven als 
Kläger gegen ihre Herren in vermögens- 
rechtlichen und strafrechtlichen Pro- 
zessen zugelassen werden, was noch 
vor wenig Jahren den Einge borenen 
als eine Ungeheuerlichkeil erschienen 
wäre. 
Wem auch der Sklave nur zu dem Zwecke 
gekauft worden ist, damit er für seinen Herrn 
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erwerbe und arbeite, und theoretisch genommen, 
alles, was der Sklave besitzt, seinem Herrn 
gehört, so ist der gegenwärtig herrschende 
Rechtszustand doch ein ganz anderer geworden, 
als er in konsequenter Entwickelung dieses 
Prinzips sich hätte gestalten müssen. Dies hat 
seinen Grund wohl weniger darin, daß mit 
der Zeit sich bumane Anschauungen bei den 
Freien eingebürgert haben, als vielmehr darin, 
daß die Slklaven eine Art Macht geworden 
sind, mit welcher gerechnet werden muß. Die 
Sklaven wohnen im Allgemeinen nicht in den 
Dörfern der Freien, sondern werden in entsernt 
von denselben gelegenen Sklavendörsern ange- 
siedelt, welche oft eine erhebliche Ausdehnung 
besitzen: sie liegen meist hinter den mit Vor- 
liebe an den Flußiusern errichicten Wohnstätten 
der Freien, vielsach jedoch in langer Reihen= 
solge an diesen Wasserstraßen selbst, welche sie 
bis zu einem gewissen Grade beherrschen. Die 
Sklaven mit den Weibern zusammen sind die 
einzigen Ackerbauer, da der Freic diese Be- 
schäftigung unter seiner Würde findet; der 
Sklave produzirt seinen eigenen und seiner 
Familie Unterhalt und versorgt wohl auch 
seinen Herrn mit Feldfrüchten, die dieser jedoch 
nicht unentgeltlich erhält; er kann Eigenthum 
aller Art, insbesondere auch Sklaven er- 
werben, durch welche er dann die Dienste 
thun läst, die sein Herr von ihm zu verlangen 
berechtigt ist. 
Sllaven, welche jung in die Gewalt ihrer 
Herren kamen, werden meist auf den Handel 
abgerichtet und machen dabei nicht bloß Ge- 
schäsie für ihren Herrn, sondern auch für sich, 
indem sie z. B. mit den ihnen anvertrauten 
Waaren unter dem ihnen vom Herrn gesetten 
Preise einkaufen oder aus ihrem eigenen Ver- 
mögen einkaufen. So geschieht es, daß sowohl 
unter den Sklaven als insbesondere unter den 
Halbfreien (mujäberis) Individuen vorkommen, 
welche als reich gelten und infolge der dem 
Vermögensbesi# innewohnenden Macht einen 
dementsprechenden Einfluß zu üben im Stande 
sind. 
Da theoretisch der Sklave ein Vermögens- 
stück seines Herrn bildet, so gilt dies lonsequent 
anch von der Deszendenz des Sllaven, den 
mujäberis. Der Herr hat demnach das Recht, 
die Kinder seines Sklaven zu verkaufen und 
den Kauspreis für sich einzustreichen. Dies 
wird jedoch bloß ein Ehrloser oder ein von 
den Gläubigern bedrängter Herr thun. Jeder 
andere Freie pflegt in diesem Falle den Kauf- 
preis zum Ankauf von Weibern für die Mit- 
stlaven und insbesondere, wenn der Kauspreis 
aus der Veräußerung eines Mädchens herrührt, 
zum Ankauf von einem Weibe für den Bruder
	        
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