Am 27. d. M. traf der für die Kaiserliche
Station Bukoba bestimmte Lazarethgehülfe Weidner
auf diesseitiger Station ein, um mit nächster Ge-
legenheit nach dorthin abzufahren.
gez. Hartmann,
Feldwebel und Stationsverweser.
An den Stationschef von Bukoba, Herrn Lientenan!
Herrmann, Hochwohlgeboren, Bukoba.
Anlage 2. Bericht
über die Reise von Bukoba zum Urigi-See.
Bukoba, den 10. November 1892.
Am 26. Oltober fuhr ich von Bukoba in zehn
Booten mit 30 Soldaten nach Süden.
Die Küste, zum Lande Kyamtara des Suliaus
Mkotani gehörig, ist selsig und buchtenreich. Der
Plateaurand ist hier etwa 300 Meter hoch und
fällt steil ab, doch sind ihm noch geringere Höhen
vorgelagert, auf denen zahlreiche Bananenhaine
stehen, so daß hier eine zahlreiche Bevölkerung am
See wohnt, die über eine große Anzahl Kanves,
meist nach Waganda-Art gebaut, verfügt. Immerhin
wohnen nur „kleine Leute“ unten, die bessere Be-
völkerung bleibt oben auf dem Plateau. Die Küste
bietet reizende Landschaftsbilder, stellenweise treten
Waldparzellen mit wirklich tropischer Vegetation bis
aus Wasser. Bei der Insel Kishakka geht eine
Bucht tief ins Land, an einzelnen Stellen mit san-
digem Ufer. Das Plateau ist hier niedriger und
leicht zu ersteigen, Dorf reiht sich an Dorf, Alles
macht den Eindruck größter Fruchtbarkeit; die Insel
ist klein, unbewohnt und mit dichtem Wald bestanden.
Südlich der Bucht tritt ein hoher Bergkegel, der
schon von Iroba aus sichtbar ist, ans User; er ge-
hört schon zu Kyanya, dem Lande des Sultans
Kahigi. Dieses ist ebenso stark bevölkert und ebenso
fruchtbar wie Kyamtnara; die Küste ist ähnlich und
hat ebenfalls viel gute Buchten zum Ankern, ist aber
kurz. Bald beginnt schon Ihängiro, das Land des
Sultans Nieruamba. Der Sultan Kahigi wohnt
fünf Stunden landeinwärts, der Weg ist sehr be-
schwerlich, immer bergauf und ab; man überschreitet
den in tiefer Einsenkung fließenden, von Dr. Stuhl=
mann zuerst aufgezeichneten Kinyaviassi; Niernamba
dagegen wohnt am Meer, oben aus dem Plateaurand
(etwa eine Stunde). Die Küste Ihängiros macht
einen öden Eindruck. Das Plateau ist über 400
Meter hoch, sällt sleil direkt ins Meer und der
Abfall ist kahl. Nur ein Hasen ist da, in der Bucht
von Kisinga, elwa 10 Kilometer nördlich dieses
Ortes, wenn man nicht bis ans Ende der schließlich
versumpften Bucht fahren will: die Küste ist sast
gar nicht bewohnt, man sieht nur elende Bauanen=
haine armer Fischer. Oben dagegen ist bis an den
Plateaurand Alles bebaut. Ihängiro ist das
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einziger großer Bananenhain ist.
des Sultans Kadjuma, ist schon von Wasindja be-
wohnt.
größte der fünf Wasiba-Sultanate, aber am dünnsten
bevölkert; nach dem Innern zu herrscht schon das
Pori vor, während Kyamtuara z. B. eigentlich ein
Kimoani, Land
Die Hauptstadt des Sultans liegt inmitten
der überall steil abfallenden Halbinsel; leider war
er selber bei meiner Annäherung verschwunden. Von
dem Hafen nördlich Kisingas marschirte ich in
2¼ Tagen nach Mtara am Urigi-See. Erst äußerst
beschwerlicher Aufstieg auf den hier besonders steilen
Plateaurand, dann oben durch Pori mit zerstreuten
Bananenhainen, permanent auf und ab nach Ngoti,
großer Ort. Hier ist das Platcau am höchsten,
eine Menge oben horizontaler, kahler, steiniger Berge
schiebt sich durcheinander. Man erklimmt einen
Sattel und sieht plötzlich das Plateau ebenso steil
und tief abfallen wie zum See. Zu den Füßen
liegt ein weites, ebenes Pori, jenseits desselben
niedere Hügel, zwischen denen das Wasser des Urigi-
Sees durchblinkt, Alles in Allem ein großartiger
Anblick. Ich ließ Ungamuntundu links liegen, ging
quer durch das Pori und errcichte den See nördlich
von Mtara, einem großen Ort. Der See ist im
Allgemeinen ein elendes Gewässer, bei Weitem nicht
so breit, wie auf der Kiepertschen Karte; nur
wenige Ortschaften liegen an seinen Ufern. Die Ka-
ragwe-Seite scheint noch öder zu sein. Sein Wasser
ist schwach salzig, gerade so, daß dic Neger es noch
schmecken. Süd-Ihängiro erinnert an Ugogo. In
den großen Poris giebt es noch Büffel, die hier
nicht ganz ausgestorben sind, und zahlreiche Rhino-
zerosse; in den Felsen eine Pavianartk, dunkel, mit
langen Haaren, nicht bunt (einer maß aufrecht ge-
siellt 1,55 Meter). Am Ufer viele Flußpferde, aber
klein (ich schoß hintereinander bei Kahigi fünf, aber
kein Zahn über 50 cm). Krokodile weniger als am
Südende des Sees. Von Antilopen nur Gazelle
und Swalla beobachtet; zahlreiche Fischottern mit
braunem, seidenweichem Fell.
Von Mtara machte ich einen Jagdausflug ins
Pori nördlich und kehrte dann denselben Weg zurück.
Das Verhalten der Bevölkerung war ausge-
zeichnet. An allen Landungsplätzen war die Kapelle
des betreffenden Sultans zur Stelle, ebenso reichlich
Essen, Kauris, Schlachtvieh und in jedem Sultanat
eine Milchkuh, ein großes Geschenk jetzt nach der
Rinderpest; ferner Führer, Träger und Kanves, so
daß ich mit 20 Kanves zurückkehrte. Ueberall sind
die Leute zufrieden, daß nach Besetzung Bukobas
durch die Deutschen die Waganda-Raubzüge am
Seenfer aufgehört haben.
gez. Herrmann,
Lientenant und Stationschef.