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u. s. w. in Muhalala ein, die Eingeborenen alar-
mirten sofort, bernhigten sich aber wieder; Erklärung
für die merkwürdige Aufregung konnte ich mir zur
Zeit nicht verschaffen.
Am 18. marschirte ich um 4 Uhr morgens ab
und stieg gegen 8½ Uhr bei Kilima-Tinde von dem
dort etwa 150 m hohen Plateaurande in die Ebene
hinab. In der dicht bevölkerten Steppe liefen die
Wagogo alsbald unter allgemeinem Alarmruf zahl-
reich herbei. Ich hoffte noch wie am vorhergehenden
Tage die Leute beschwichtigen zu können, ordncte
aber auf alle Fälle die zweigliedrige Marschordnung
an und setzte mich mit den Suaheli an die Spigtze,
die Sudauesen an die Queue. Als die etwa 200 m
lange Kolonne an einem langhingezogenen, schmalen
Hügel in die pralle Steppe hinaus defilirte, sah ich
150 m voraus eine Menge Wagogo aufspringen;
gleichzeitig hörte ich Geschrei und Schießen hinter
mir. An der Spitze warsen wir die Angreifer durch
Schnellfeuer rechtzeitig zurück, hinten drängten sich
aber die Träger um die Sundanesen und sperrten
das Schußfeld, so daß die Wagogo mit ihnen hand-
gemein wurden. Bevor ich sie erreichen konnte,
gingen die Wagogo zurück; von den Trägern lagen
dagegen 21 todt, 2 verwundet am Boden, 15 Lente
wurden vermißt. Der Feind rottete sich wieder zu-
sammen. Da ich wegen Patronenmangels in Tabora
nur 45 Patronen pro Mann mitgenommen und
jetzt noch etwa 30 hatte, beschloß ich mich so-
fort zur kuapp 7 Stunden entfernten Station durch-
zuschlagen. Von jetzt ab marschirte ich mit allen
Soldaten geschlossen neben der Karawane, je nach
Bedarf rechts oder links durchspringend und hielt
die Verfolger durch Einzelschüsse ab. Bei Mtiwe
kam es zu einem allgemeinen Angriff, der sich aber
schon auf 200 m zerstreute. Zwei Stunden von
Unyangwira hatten sich die Wagogo gesammelt und
kamen, aus einem lockeren 500 m entfernten Gebüsch
heraustretend, in Linie zu zwei Gliedern mil
250 m Frontbreite geschlossen heran. Ich ließ die
Karawane weiterziehen und stellte die Soldaten im
dreiviertel Kreise bei aufgepflanztem Seitengewehr
auf. Auf 300 m löste sich die geschlossene Linie in
eine Menge kleiner Trupps auf, die in ungleichen
Entfernungen uns fast umzingelnd sehr schnell herbei-
rannten. Bei drei Salven, die ich kommandiren
konnte, warfen sich die Angreifer auf den Boden, um
dann sofort, scheinbar ohne Verluste, wieder aufzu-
springen.
Einige Trupps waren 50 bis 60 Schritt heran
und ich kommandirte als letztes Mittel Schnellfeuer;
die Wagogo stockten fast augenblicklich und liefen dann
fort, sich sehr schnell im vorerwähnten Busch ver-
lierend. Ich schätze ihre Verluste auf 20 Todte,
doch konnte ich dieselben zur Zeit nicht feststellen;
der nächste lag kaum 30 m von unserem Kreise ab.
Wir wurden noch bis dicht an der Station von
den Wagogo weitab begleitet. Von der Station her
war Salvenfeuer vernehmbar. Als ich gegen 4 Uhr
dort anlangte, erfuhr ich, daß dieses von einer Ab-
theilung unter Sergeant Wilhelm herrührte, welche
die tags zuvor von Lieutenant v. Bothmer ein-
genommene Tembe Masentas zerstörte und dabei
mit dessen Leuten scharmützelte. Die Soldaten hatten
sich während des anstrengenden Marsches alle vor-
züglich verhalten.
gez. Prince, Kompagnieführer.
Anlage 2. Bagamoyo, den 19. April 1893.
Bericht
über die Einnahme des Kwikurun kwa Muini Mtwana
bei Mdaburu in Ugogo am 10. März. d. I
(Vergl. die beigegebene Skizze.)
Um 8¼ Uhr vormittags des 9. März betrat
die Expedition bei Sitta das feindliche Gebiet. Ich
übernahm deshalb das Kommando und beschloß das
Kwikurn — noch etwa 8 Stunden entfernt — am
nächsten Morgen anzugreifen, ließ die Truppe nach
Ansertigung der nöthigen Sturmleitern abkochen und
trat um 2 Uhr nachmittags den Kriegsmarsch an.
Marschordnung:
Spitze und Seitendeckung 12 Soldaten
Lieutenant Prinee Halbzug 20 -
1
Lazarethgehülfe Gruscza 2 - -
3,7 em Schuellladekanone 4 -
Stationschef Sigl 3. 20 -
Unteroffizier Fabian 4 20 -
Mumition und Leitern. —
Serhennt Wilhelm 5 " 15
Sollll 6. - 15
Expeditionslasten .. . .. — —
Kapitän Spring 24 Mann der Anti-
sklavereilottereee 24
Summe 150 Soldaten
Ferner elwa 400 Wagogo und Wanyamwesi.
Nach vierstündigem Marsche über hügeliges
Terrain machte ich an einer entlegenen Stelle bis
11 Uhr nachts Halt, marschirte dann durch Dorn-
busch bis zur Tembe des befreundeten Magongorle,
welche gegen 2 Uhr erreicht wurde. Hier erfuhr
ich, daß Mtwana sich durch eine Abtheilung Wahehe
aus Nondoa verstärkt habe und unseren Angriff für
den Morgen erwarte; das Kwikuru sei viel größer
und auch höher als die selbst schon sehr große Tembe
des Magongorle, habe jedoch keine besondere Boma.
Der geplante Angriff in üblicher Weise bei Sonnen-
aufgang schien mir nunmehr — namentlich da ein
Nückenangriff am Kwikurn durch die Wahehe wahr-
scheinlich beabsichtigt war — unseren Erfolg nicht
hinreichend zu garantiren. Die Hülssvölker ver-
schwanden auch bis auf etwa 30 Leute. Ich beschloß
daher den Feind durch nächtlichen Sturm unter Ver-
wendung von Magnesiumfackeln zu überraschen, ließ
die Lasten hier zurück und trat sofort in aller Stille
den Weitermarsch an.