– 433
Vorbereitungen zum Angriff vollendet waren, benutz-
ten sie eine noch nicht besetzte Stelle des Dickichts
zur Flucht. Sobald mir von den hochgelegenen
Beobachtungsposten der Abzug des Feindes gemeldet
wurde, sandte ich im vollsten Laufe die 500 Wa-
sangolrieger zur Versolgung ab und ging selbst gegen
die Boma und in dieselbe hincin, ohne Gegenfeuer
zu erhallen, da die Wanilka mit Zurücklassung ihrer
ganzen Habe geslohen waren. Ich bezog mit meiner
Truppe die Boma, und kehrten am Abend desselben
Tages die nach den vier dem Häuptling Sunda ge-
hörigen Dörsern entsandlen Steiskorps mit Beute
und Gejangenen zurück. Am nächsten Tage hielt
Mereres Sohn vor mir einen Kriegstanz mit
der ihm vom Gouvernement zugekommenen deut-
schen Flagge ab, nach dessen Schluß die in Parade
angelretene Truppe und die Irregulären mit einem
dreimaligen Hurrah auf Seine Majestät unter Auf-
hissen der deutschen Flagge über der genommenen
Boma den Sieg feierten. Sämmtliche gesangenen
Weiber und Kinder entließ ich, übermittelte den
Wanika die Friedensbedingungen und versprach ihnen
den Schutz der deutschen Flagge im Falle ihrer voll-
ständigen Unterwerfung und Rückgabe des Merereschen
Weibes, dessen Raub der Grund gewesen war zu
den seit einem Jahre unnnterbrochen stattfindenden
Kämpfen mit Mererc. Ihren gefangenen Häuptling
Sunda, den ich mit einem gefangenen Krieger als
Geisel zurückbehielt, versprach ich ihnen im Falle des
Friedeusschlusses zurückzugeben.
Es hat die Ueberwindung der allen Versuchen
des mächtigen Merere spottenden Boma in diesem
Theile unseres Gebietes einen heilsamen Respekt
wieder wachgerufen, von dessen Schwinden die trotzige
Dreistigkeit der Wanika gegen Bumiller bei seinem
Versuch, mit ihnen friedlich zu unterhandeln, ein
schlagender Beweis war, und so hoffe ich, auf meinen
weiteren Unternehmungen hier unser volles Ansehen
wieder herstellen zu können, ohne zu weiteren Ge-
wallmaßregeln gezwungen zu sein.
Zu erwähnen ist noch, daß meine kleine Truppe,
die hier zum ersten Male in ein ernstes Gefecht
verwickelt war, sich durchaus zur Zufriedenheit be-
nommen hat.
Von der Transportexpedition ist inzwischen ein
Bericht des Herrn v. Eltz über den nunmehr been-
digten Landtransport über das Schirehochland ein-
getroffen, und berechtigt mich derselbe zu der Hoffnung,
von dieser Expedition zurückgekehrt, mein Schiff auf
seiner Jungfernreise selbst nach Langenburg führen
zu können. Ich habe mich moralisch für verpflichtet
gehalten, den katholischen Missionaren am Tanganyika
und zwischen diesem und dem Nyasa freie Beför-
derung von Personen und Fracht zu versprechen und
ihnen in Aussicht zu stellen, daß auch nach Ueber-
nahme des Fahrzeuges durch das Reich ihnen günsti-
gere Bedingungen gestellt werden würden, als sie zur
Zeit mit der Afrik. Lak. Comp. haben, da der katho-
lische Afrilaverein in Köln seinerzeit für den damals
für den Victoria = Sce in Aussicht genommenen
Dampfer „H. v. Wissmann“ unter gleichartigen Be-
dingungen 20 000 Mark gegeben hat. Ebenso habe
ich der englischen Mission in Likomo, die mir große
Dienste geleistet hat, Erleichterungen versprochen.
Selbstverständlich in erster Linie vorläufig ganz freie
Beförderung ist bereits den beiden deutschen Missionen
zugesagt worden.
Der Livingstonia Mission in Glasgow bitlle ich
ergebenst für die aufopfernde Pflege, welche Dr.
Kroß unserem kürzlich verstorbenen Zugführer Eben
bis zu seinem Tode hat zu Theil werden lassen, den
Dank des Komitees bezw. des Neiches gütigst zu
übermitlteln.
gez. H. v. Wissmann.
Euer Hochwohlgeboren hatten mir in Muini-
wanda den Auftrag ertlheilt, zur Ordnung verschie-
dener Angelegenheiten sowie zur Auftreibung von
irregulären Hülfstruppen für die Nickwa-Expedition
nach Merere zu gehen und nach Erledigung meines
Auflrages in Muenso wieder zur Karawane zu
sioßen. Ueber den Verlauf dieser Reise sowie die
sich daran knüpfenden Ereignisse habe ich die Ehre,
Euer Hochwohlgeboren ganz gehorsamst, wie folgt,
zu berichten: Am 18. Mai verließ ich in Muini-
wanda die Hauptkarawane und erreichte, meinen alten
Wecg über Kivinda (deutsche Grenzstation am Songwe)
benutzend, Merere in Eilmärschen bereits am 22. Mai er.
Sowohl die Abwickelung der mir übertragenen Ge-
schäfte als auch die Aufbringung von Irregulären,
die mir Mererc in zwei Tagen zu stellen versprach,
ging glatt von Statten. Als Merere von meiner
Absicht erjuhr, nach Muenso zu gehen, machte er
mich darauf ausmerlsam, daß der direlte Weg dahin
über Sunda führe, einen Manikahäuptling, mit dem
er seit Jahren in Fehde liege, für dessen Züchtigung
er uns zu großem Danke verpflichtet sein würde; er
sei bereit, für eine Unternehmung gegen Sunda
500 Wasangokricger zu stellen. Auch der Jemadar
beklagte sich über genaunten Häuptling, da er seit
der Feindschaft mit Merere den arabischen Karawanen,
welche auf ihrem Wege nach Ruemba sein Gebict
passiren, nachstelle und dieselben beraube, so daß
diese gezwungen seien, den weiten Umnveg über
Kivinda zu machen, und hielt daher dessen Bestrafung
für angezeigt. Der Feindschaft zwischen Merere
und Sunda liegt folgende Vorgeschichte zu Grunde.
Sunda hatte, nachdem Merere Usafa und die an-
liegenden kleineren Landschaften unterjocht hatie, dessen
Oberhoheit anerkannt und als geichen dessen seine
Tochter Merere zugesandt. Als vor wenig Jahren
Sunda schwer erkrankte und slarb, eilte die Tochter
mit Erlaubuiß Mereres zum sterbenden Vater, kehrte
jedoch nach Beendigung der Todtenseier nicht nach
Utengule zurück. Als Merere nach ihr schickte, gab der
Nachfolger Sundas, Sunda junior, zur Antwort, das
Weib kehre nicht zurück, sondern bleibe hier; er,