Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Tuberkulose ist nur bei einigen eingeführten 
Gouvernementsarbeitern beobachtet worden. 
Für die Verbesserung der sanitären Verhälknisse 
von Kamerun ist im Berichtsjahre viel geleistet 
worden. In dieser Hinsicht muß in erster Linie 
des Regierungshospitals Erwähnung gekhan werden, 
welches, dank der Hülfe des denutschen Frauen- 
vereins, für die Krankenpflege in den Kolonien am 
1. Januar d. J. eröffnet werden konnte und von 
den Europäern als wahre Wohlthat empfunden wird. 
In diesem Hause, welches für 6, im Nothfalle für 
mehr Patienten Platz bictet, sind bisher 33 Kranke 
320 Verpflegungstage hindurch verpflegt worden. 
Die beiden Pflegeschwestern Leue und Bäßler 
haben sich mit größter Hingabe und Opferfreudig- 
keit der Krankenpflege gewidmet. 
Der allen Ansprüchen der modernen Heilkunde 
entsprechende Operationsraum erwies sich nicht allein 
weißen, sondern vielfach auch schwarzen Patienten 
Kals heilsam. 
Der neue Regierungsarzt Dr. Plehn hat sich 
durch seine erfolgreichen Operationen das Vertrauen 
der gesammten Bevölkerung in dem Maße erworben, 
daß selbst der messerscheue Neger gegen Operationen, 
welche in Chloroform-Narkose an ihm vorgenommen 
werden sollten, nur selten Einwendungen erhebt. 
Außer dem praktischen Nutzen, welchen das Hospital 
einer großen Zahl von Kranken gewährte, lieferte es ein 
reichliches klinisches Material zur Bereicherung der 
medizinischen Wissenschaft. Auch die bereits früher 
in Betrieb gesehte Neger-Krankenbaracke entspricht 
den an eine solche zu stellenden Anforderungen. Sie 
beherbergte durchschniktlich 6 schwarze Patienten und 
wurde auch von den hiesigen Faktoreien zur Unter- 
bringung ihrer kranken Arbeiter vielsach beuust. 
Morgens von 7 Uhr ab fand die Poliklinik in 
einem der Haupträume der Baracke slatt; die Zahl 
der schwarzen Patienten und Patientinnen belrug 
häufig gegen 80. Kleinere Operalionen wurden 
unler Assistenz des schwarzen Heilgehülfen Anju in 
einem besonderen Naum der Baracke selbst vor- 
genommen, während größere unter striktem Ein- 
halten aller Anforderungen der Antisepfis im 
Operalionsraum des Hospitals unter Assistenz der 
Pflegeschwestern ausgeführt wurden. 
Auf die Nachricht von dem Umsichgreifen der 
Cholera an der Küste von Senegambien ist die 
Negerbaracke durch bauliche Aenderungen in eine zu 
Isolirzwecken geeignete Station zur Beobachtung und 
Behandlung verdächtiger oder an epidemischen Krank- 
heiten leidender Patienten umgewandelt worden. 
Der wissenschaftlichen Forschung wurde in Kamerun 
im Frühjahr des Jahres durch Begründung eines 
Laboratoriums zum Studium der tropischen Physiologie 
und Pathologie eine neue Stätte geschaffen. Dasselbe 
ist in einem geräumigen, in zweckentsprechender Weise 
ausgebauten Zimmer der Arzkwohnung untergebracht. 
Auch die Arzneimittel der Neger sind dem Studium 
  
unterzogen worden. Unter Anderem hat sich heraus- 
gestellt, daß die Eingeborenen ein sehr wirksames 
Mittel gegen den Schlangenbiß aus den Blättern 
von Diodia sarmentosa bereiten. 
Im Sibdbezirke hat die amerikanische Mission 
einen Arzt in Groß-Batanga stationirt und den Bau 
eincs Krankenhauses daselbst in Absicht. 
IV. Urproduktion des Landes. 
Das Schutgebiet lieferte im verflossenen Jahre 
folgende Handelsarkikel: 
1. Palmöl, das wichtigste Erzeugniß des Landes, 
durch Auskochen der rothgelben Fruchthülle der 
Palmnüsse (der Früchte der Oelpalme Elaczis gui- 
neensis) gewonnen. 
2. Palmkerne, die Kerne der von der rolh- 
gelben Fruchthülle und einer steinharten Schale be- 
freiten Früchte der Oelpalme. Das Gewinnen der 
Palmkerne durch Zerbrechen der Schale ist eine zeit- 
raubende Arbeit. 
3. Palmkernöl. Die Palmkerne liefern beim 
Auspressen ein gutes und reines Oel, welches meist 
von den Eingeborenen selbst konsumirt wird und 
deshalb selten in den Handel kommt. 
4. Kopra, das getrocknele Fleisch der Kerne der 
Kokosnuß. Der Handel mit Kopra, welche früher 
exportirt wurde, ist augenblicklich fast aufgegeben 
worden. Bei dem großen, zum Anbau der Kokos- 
palme geeigneten Terrain im Schutzgebiele dürfte an 
einem Aufleben der Kopraproduktion nicht zu 
zweifeln sein. 
5. Kautschuk. Derselbe kommt aus allen Theilen 
des Schutzgebietes, der beste aus dem Gebirge. Die 
Stammpflanzen sind noch nicht zur Genüge bekannt, 
besonders nicht der Kautschukbaum, aus dem im 
Norden des Kamerungebirges der Kautschuk gewonnen 
wird. Die den guten Kautschuk des Gebirges 
liefernde Liane, welche der Laudolphia flori#la 
Beuth. sehr nahe steht, wird in der Versuchsplantage 
in Victoria kultivirt. Dieselbe wächst jedoch langsam, 
da das Küstenklima ihr anscheinend nicht besonders 
zusagt. 
Die Kultur des brasilianischen Kautschukbaumes 
ist im botanischen Garten unter der sachverständigen 
Leitung des Direktors Dr. Preuß im Berichts- 
jahre in der Weise fortgesetzt, daß Manibot Glaziwoli 
als Schattenbaum für Kautschuk gepflanzt wurde. 
Derselbe wächst noch schneller als die Banane, so 
daß er in fünfviertel Jahren eine Höhe von 7 bis 
nm erreichte, und läßt sich durch Stecklinge aus 
altem Holz sehr leicht fortpflanzen. 
Ficus elastica, die Quelle des indischen Kaut- 
schuks, wurde durch Stecklinge vermehrt. Sehr 
wichtig sind die vom Dr. Preuß mit dem Para- 
Kautschukbaum Hevea brusiliensis angestellten Ver- 
suche, welche bis jetzt gut gelungen sind. Einige
	        
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