Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

3. Die Balis. 
Das Dorf selbst liegt auf einem langgestreckten 
Höhenrücken, umgeben von zahlreichen Farmen und 
Sklavendörfern. « 
Die Anzahl der streitbaren Männer von Bali 
soll 2500, mit Bundesgenossen 3000 betragen. Die 
Häuser sind aus Lehm gebout, mit spitzen Gras- 
dächern versehen und ebenso wie die Vorplätze 
und Straßen im Allgemeinen sauber gehalten. Die 
Station ist unbefestigt. Sie liegt auf einem dem 
Dorfe gleichlaufenden Rücken. 
Gleich bei der Ankunft sondte Garega 3 Ziegen 
und Palmwein als Gastgeschenk, im Uebrigen das 
einzige Geschenk während des 15 lägigen Aufenthalts 
v. Stettens. Den Verkehr sowohl Garegas als der 
Balis mit der Station vermitteln zwei Vornehme, 
ein junger Sohn Garegas, Fomaku, und ein Ver- 
trauter Namens Fonté. Letßterer spionirt den ganzen 
Tag auf der Station herum. Garega erhielt als 
Geschenke: 1 Haussakleid, 1 Stück Brokat, 2 Haussa- 
dolche, Ringe, Armbänder, Ketten, Halsketten, Ohr-= 
ringe, Perlen und Nägel. Die Geschenke schienen 
ihn nicht befriedigt zu haben, denn bereits am nächsten 
Tage ließ er um gewöhnliches Zeug bitten. Nach 
den Erzählungen der Expeditionsmitglieder hatte 
v. Stetten in Garega einen würdevollen Greis, 
ähnlich den großen mohammedanischen Negerfürsten, zu 
finden erwarlet, fand jedoch einen behäbigen, unzählige 
Mengen Palmwein vertilgenden, zuweilen kindischen 
lten. 
Er war sehr freundlich und erklärte mit an- 
erkennenswerther Offenherzigkeit, daß er den Weißen 
deshalb so sehr liebe, weil seit dessen Anwesenheit 
Reichthum und Wohlhabenheit in sein Dorf ein- 
gekehrt sei. 
Deiie Balis unterscheiden sich in Freie, Hörige und 
Sklaven. Nur die Ersteren dürften sich in ihrer Ab- 
stammung vollkommen rein erhalten haben und sind 
schöne, große, intelligent aussehende Gestalten, welche 
im Verkehr sympathischer als die niedriger stehenden 
Bantuneger sind. Das Verhältniß der Sklaven zu 
ihren Herren scheint ein sehr laxes zu sein. Sklaven 
gehen auch ohne Erlaubniß ihrer Herren zur Küste 
und liefern ihnen bei ihrer Rückkunft einen Theil 
ihres Verdienstes aus; damit ist es genug. 
Das Bestreben des ganzen Volkes geht dahin, 
in möglichst kurzer Zeit auf leichteste Weise sich die 
Schätze des Weißen zu erwerben. Dabei betteln sie 
in der schamlosesten Weise. Der bekannte und er- 
probte eingeborene Expeditionsmeister Cornelius ver- 
sicherte, daß er noch niemals ein so habgieriges Volk 
kennen gelernt habe. 
In welch großer Menge Zeug nach Bali kommt, 
kann duraus ersehen werden, daß etwa zwei Drittel 
der vielleicht 2000 anwesenden Männer Kleider 
hatten; manche zogen Schleppen von 2 bis 3 Meter 
nach, welche natürlich in einem Tage verdorben und 
zerrissen waren. 
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Der Station selbst sind von Garega für ständig 
als Soldaten und Arbeiter 50 Balis — Sklaven — 
und 5 Weiber überwiesen. Diese Soldaten gehören 
ganz der Station und werden von ihr verpflegt, ge- 
kleidet und besoldet. Diesen Besitz haben sie im 
Wesentlichen der Station zu verdanken, da sie ein 
armes Volk sind. 
Ihre im Allgemeinen schön gehaltenen Farmen, 
welche sie mit Planten, Koko, Dams, Mais, Erd- 
nüssen, süßen Karkosfeln 2c. bebanen, geben ihnen ledig- 
lich ihren Unterhalt, sonst haben sie nichts, denn 
die ganz geringe Anzahl von Elefanten, welche in 
der Umgegend erlegt werden, ist nicht nennenswerth; 
dies ist der Grund, weshalb bei ihnen der Zug 
zur Küste, der von Herrn Dr. Zintgraff noch künst- 
lich gefördert wurde, unwiderstehlich ist. Sie sind 
jet bereits darauf gekommen, bei ihren Zügen zur 
Küste unterwegs von den Eingeborenen gegen Per- 
len 2c. Gummi aufzukaufen und so von rückwärts 
als Zwischenhändler zu fungiren. 
Die Arbeit liegt lediglich in der Hand der Weiber 
und Sklaven. Die Preise der Lebensmittel in Bali 
sind, im Verhältniß zur großen Entfernung der Station 
von der Küste, nicht billig zu nennen. Die Münz- 
einheit ist das Braß, ein Messingreifen, welcher aus- 
gezogen die Länge eines Yard hat; es gilt = 1 Yard 
-— cine Hand voll kleiner Perlen 20 großen 
Perlen. 
Eine Ziege kostet 5 bis 6 Faden, ein Schwein bis 
9 Faden, ein Huhn 1 Yard, ein Bund Planten ½ Braß, 
zehn Eier 1 Yard. 
v. Stetten glaubt nicht, daß sich für den Handel 
von Bali nach den nördlichen und nordöstlichen 
Gegenden, woselbst es viel Elfenbein geben soll, große 
Aussichten bieten, da die Wasserstraße des Benus 
zu nahe liege, als daß nicht von dort kommende 
Händler besser kaufen könnten; thatsächlich kommen 
auch alljährlich einige Male Haussahändler zu Pferde 
bis zu den Bafuts. 
Er äußert sich ferner über die Frage, ob die 
Balis, welche selbst nichts Exportfähiges produziren, 
als Träger, Arbeiter oder Soldaten verwendbar sind. 
Darüber, daß sie als Träger unbrauchbar, die- 
bisch und unzuverlässig sind, herrsche, so bemerkt er, bei 
denen, welche sie kennen, nur eine Stimme; er selbst 
habe auf seinem Rückmarsch Gelegenheit gehabt, sich 
hiervon zu überzeugen. Dieser Ansicht scheine auch 
Dr. Zintgraff zu sein, da er 30 Träger zur Ver- 
mittelung des Lastenverkehrs innerhalb der Stationen 
auswärts angeworben hat. Thatsächlich sei auch ohne 
eine solche ständige Trägerkoloune das Ganze nicht zu 
erhalten. 
Der Postverkehr zwischen den Stationen wird 
durch Weilente der Expedition vermittelt, da sich die 
Balis nicht als zuverlässig erwiesen. haben. 
Als Arbeiter die Balis genauer beurtheilen zu 
können, sei noch nicht genügend Gelegenheit gewesen. 
Die Arbeit, welche sie bis jetzt in den Farmen der 
Stationen verrichteten, sei meist leicht und nicht onu 1
	        
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