Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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siehen. Der Weg nach dem Kirchhofe wurde geebnet 
und die kleinen Gerätheschuppen des botanischen 
Gartens bedentend vergrößert. 
Dieser durch den ersten Gounverneur von Kamerun 
Freiherrn v. Soden angelegte Garten wurde, um 
einen praktischen Nußen und einen richtigen Begriff 
von der Leistungsfähigkeit des Schußgebietes zu 
geben, im Berichtsjahre zu einer Versuchsplantage 
erweitert. Zweck derselben ist: 
1. Sämmtliche tropischen Kultur= und Nußpflanzen, 
welche Aussicht auf erfolgreiche Kultur, haben, in 
einem solchen Maße anzupflanzen, daß ein Urtheil 
über ihre Ertragfähigkeit gezogen werden kann; 
2. die wichtigeren Kulturpflanzen so zu ver- 
mehren, daß an sich bildende Plantagen der Ein- 
geborenen und Nichteingeborenen Pflanzmaterial ab- 
gegeben werden kann; 
3. den Eingeborenen den Nußen einer rationellen 
Kultur zu veranschaulichen und dieselben als Plantage- 
arbeiter und Ausseher heranzubilden. 
Die Versuchsplantage hat jetzt einen Naum von 
35 bis 40 Hektaren in Bearbeitung, welche zum 
großen Theil durch Eingeborene erfolgt. Sie steht 
unter Leitung des Botanikers Dr. Preuß, welchem 
ein Gärtner mit praktischen Keuntnissen beigegeben 
ist. Der Gartendirektor ist zu dem Bezirksamtmann 
in kein Abhängigkeitsverhältniß gestellt, sondern be- 
richtet unmitkelbar dem Gouverneur von Kamerun. 
Der Erlös aus dem in der Plantage produzirten 
Kakao überstieg im letzten Jahre bereils den Betrag 
von 2700 Mark. Von den als Schatienspender 
für Kakao gezüchteten Vananen wurden im Berichts- 
jahre mehr als eintausend Bunde von Früchten zur 
Verpflegung der Gartenarbeiter verwendet. 
In Kribi wurden ein geräumiges Wohnhaus für 
den Polizeimeister sowie ein Vadehaus errichtet und 
die vorhandenen Balulichkeiten reparirt. Ferner 
wurde der zwischen dem Bezirksamtsgebäude und der 
See befindliche Urwald theilweise niedergeschlagen, 
so daß die Seebrise das Grundstück des Bezirksamts 
bestreicht und von dem Lehßzteren der Schiffsverkehr 
beobachtet werden kann. 
Die Wege des gedachten Grundstücks sind wesent- 
lich verbessert worden. 
Abgesehen von der Kaiserlichen Verordnung vom 
28. November 1892, welche für das Schutzgebiet das 
Schürsen auf Edelsteine, Edelmetalle, Steinkohle, 
Braunkohle, Graphit, Bitumen und schwefelhaltige 
sowie zur Darstellung von Alaun, Vitriol und 
Salpeter verwendbare Mineralien und die Rechte 
des Schürfens regelt, wurden auf Grund des Gesetzes 
belreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz- 
gebiete (R.-G.-Bl. 1888 S. 75 ff.) und der Ver- 
sügung des Reichskanzlers vom 29. März 1889 be- 
hufs Uebertragung konsularischer Besugnisse sowie des 
Rechtes zum Erlasse polizeilicher und sonstiger die 
Verwaltung betreffender Strafvorschriften auf Beamte 
der Schußgebiele im Berichtsjahre folgende Ver- 
ordnungen erlassen: 
  
a) Verordnung vom 29. November 1892, welche 
die Jagd auf Elefanten und Flußpferde 
unter die Kontrole des Gonvernements stiellt 
und der Ausrottung dieser Thiere aus Gewinn- 
sucht oder Sport entgegentritt. 
b) Verordnung vom 16. Dezember 1892, wonach 
die bei der Zollverwaltung zu stalistischen Zwecken 
einzureichenden Verzeichnisse über die eingeführten 
und die ausgeführten Waaren die bis dahin 
erforderten Angaben über die Ursprungs= und 
Bestimmungsländer nicht mehr zu enthalten 
brauchen. 
c) Verordnung vom 1. März 1893, die eine 
frühere Verordnung aufhob, welche die Klag- 
barkeit der von europäischen Kaufleuten an 
Eingeborene gegebenen Vorschüsse an die Be- 
obachtung gewisser Formalitälen geknüpft, jedoch 
die von ihr erhoffte Wirkung nicht geäußert hatte. 
d) Verordnung vom 16. März 1893, betreffend 
die Einfuhr von Schußwaffen und Munition, 
welche die im Interesse der Ausrottung des 
Sklavenhandels durch die Artilel 8 ff. der 
Brüsseler Generalakte dem Handel mit Schuß- 
wassen und Munition auferlegten Beschränkungen 
zum Ausdruck brachte. 
Da durch diese Verordnung die Niederlegung 
der in das Schutzgebiet eingeführten Feuerwaffen 
nebst Zubehör in einem unter amtlicher Aussicht 
stehenden Lagerhause dem Importeur zur Pflicht ge- 
macht wurde, so sind im Berichtsjahre Pulverschuppen 
in Kamerun, Groß= und Klein-Batanga, Malimba, 
Vickoria und im Rio del Rey eingerichtet, von denen 
dem in Kamerun erbauten Schuppen die Eigenschaft 
eines öffentlichen Lagerhauses innewohnt, dic übrigen 
unter amtlicher Kontrole stehende Privatlagerhäuser 
sind. Außer diesen für das gesammte Schutzgebiet in 
Geltung befindlichen Verordnungen wurde noch eine 
Verordnung für den Bezirk Victoria erlassen, wonach 
den Bezirkseingesessenen das Schlagen von Bauholz 
zum eigenen Bedarf unentgeltlich gestattet wurde. 
Unter dem Gouverneur als dem Chef der Ver- 
waltung und gleichzeitigem Oberrichter sunktionirken 
der Kanzler als berusener Vertreter des Gouverneurs, 
Nichter erster Instanz und Inhaber des Seemanns- 
amtes sowie als Chef der Bezirksämter Victoria und 
Kribi die dortigen Bezirksamtmänner. Detachirte 
mit europäischen Beamten besetzte Posten befinden 
sich, abgesehen von Victoria und Kribi, in Batum, 
Edea, Kampo und Jaunde; während Batum, Edea 
und Jaunde errichtet sind, um im Innern des Schutz= 
gebietes festen Fuß zu fassen, soll die Zollstation 
Kampo den Schmuggel an der Südgrenze verhindern. 
Um eine festere Verbindung zwischen Yaunde und 
der Küste herbeizuführen, ist die Gründung einer 
Zwischenstation in dem am Lokondjeflusse gelegenen 
Lolodorfe beschlossen. Die Stationen Balinga, Tinto 
und Baliburg, welche die auf sie gesetzten Hoffnungen 
nicht erfüllt und sich als unzweckmäßig erwiesen 
haben, sind im Berichlsjahre aufgehoben worden.
	        
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