Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

der Wawemba befürchteten, so beschloß ich, meinen 
Aufenthalt etwas auszudehnen, um für den letzteren 
Fall die Stationen der Europäer unterstützen zu können. 
Da die persönliche Anwesenheit der Europäer 
hierzu nicht erforderlich war, nahm ich mir und gab 
meinen Osfizieren einen kurzen Urlaub, um in einem 
westlich des Tanganyika gelegenen Elefantenmarsch 
zu jagen. In der Nähe des Standes der Elefanten 
angekommen, wurde ich mit meiner kleinen Begleitung 
genau wie vor dem Wawembagefecht des Nachts über- 
fallen und zwar, wie die Untersuchungen des nächsten 
Tages ergaben, von den Ruga Ruga eines in der 
Nähe stationirten Offiziers des in Udjiji seßhaften 
Arabers Rumalitza. Da ich bei dieser Feindseligkeit 
meine Jagdzwecke unmöglich durchführen konnte, be- 
schloß ich, die Ursache des Ueberfalles festzustellen, 
und marschirte am nächsten Tage zu dem Dorfe des 
oben erwähnten, auf dem Gebiete des Kongofreistaates 
angesessenen Arabers, das nur eine Stunde von 
meinem Lager entsernt war. Meine schwache Be- 
gleitmannschaft war verstärkt worden durch eine An- 
zahl von Eingeborenen. 
Ich erschien offenbar ganz unerwartet, denn ich 
kam mit den vordersten Leuten meiner Truppe in 
das nicht verschlossene Dorf hinein, wurde jedoch von 
den bestürzt aus ihren Häusern kommenden Ruga 
Ruga milt Schüssen empfangen, bevor ich meine Ab- 
sicht, Schauri zu machen, bekannt geben konnte. Das 
Resultat eines kurzen Gefechtes war der Tod von 
sechs Ruga Ruga, das Abbrennen des Dorfes und 
die Befreiung von elwa 80 Sklaven, meist Weiber 
und Kinder. Die meisten derselben wurden von ihren 
in der Nachbarschaft angesessenen Verwandten rekla- 
mirt, während zehn Weiber mit ihren Kindern (von 
fernher gemachte Sklaven) auf ihren ausdrücklichen 
Wunsch sich der Expedition anschlossen, um in Lan- 
genburg ansässig gemacht zu werden; Waisenkinder 
wurden den Missionaren übergeben. 
Nach dem Tanganyika — Abercornstation in 
Kituta — am 2. August d. Is. zurückgekehrt, ver- 
nahm ich, daß die Wawemba auf ihrer im vorigen 
Berichte gemeldeten Flucht nach der erlittenen Nieder- 
lage die Entfernung von sieben Tagereisen in zwei 
Tagen flüchtig zurückgelegt hatten, daß drei Söhne 
des Häuptlings Kitimkuru gefallen seien und, wie 
der afrikanische Kladderadalsch meldet, der „dicke 
Kitimkurn“ selbst unterwegs verloren gegangen sei. 
Ich entnahm hieraus, daß die Wawemba für dieses 
Jahr von weiteren Unternehmungen abgeschreckt seien, 
und trat, da meine Fußkranken wieder marschfähig 
waren, den Rückmarsch an. Jetzt erst empfing ich 
die erste Nachricht von der Uebergabe der Expedition 
an das Gouvernement in Dar-es-Saläm und be- 
schleunigte meinen Rückmarsch. 
In Muenso traf ich die Herren Wyneken und 
Prince, die, um mich zurückzuholen, mir entgegen- 
gekommen waren und die mir die Nachricht brachten, 
daß der Dampfer „H. v. Wissmann“ zur Zeit unserer 
Ankunft am Nyaßa fertiggestellt sein würde. 
von dem am 18. v. Ms. 
  
538 — 
Am gestrigen Tage bin ich mit der ganzen Expe- 
dition in Karonga eingetroffen. 
  
Einem Berichte des Kommissars der Ausführungs- 
kommission der deutschen Antisklaverei = Lotterie 
Wyneken, von der Station Langenburg, den 5. Sep- 
tember d. Is. datirt, entnehmen wir Folgendes: 
Ich habe die Ehre, Ihnen zunächst ganz ergebenst 
.zu Muenso auf englischem 
Boden halbwegs zwischen hier und dem Tanganyika 
erfolgten Zusammentreffen mit Herrn Major v. Wiss- 
mann sowie von dem nunmehrigen (gestrigen) Ein- 
treffen der vereinigten Karawanen hierorts Meldung 
zu erstatten. Heute trifft unerwartet die „Domira“ 
zu kurzem Aufenthalte hier ein und bietet Gelegen- 
heit, Ihnen den heutigen Eingang der Post vom 
8./10. Mai zu bestätigen und über den Stand der 
Dinge zu berichten. 
Das Uebergabegeschäft betreffend, so hat Herr 
v. Wissmann auf Befragen mir und Herrn Kom- 
pagnieführer Prince eröffnet, daß er sogleich An- 
stalten treffen würde, d. h. an Herrn v. Elß nach 
Port Maguira mit gegenwärtiger „Domira“ Befehl 
ertheilen würde, daß der Dampfer „H. v. Wissmann"“ 
und als Ladung desselben der Haupttheil des In- 
ventars und der Vorräthe schleunigst hierher geschafft 
werden, um die Uebergabe alsdann hierorts vor- 
nehmen zu können. Angenommen, daß die Her- 
bringung des Dampfers zwei Fahrten des Dampfers 
in Anspruch nimmt, kann in ungefähr einem Monate 
von heute das Geschäft abgewickelt sein. Einstweilen 
bleibt das in 10 bis 14 Tagen bevorstehende Ein- 
treffen des Dampfers abzuwarten; inzwischen reist 
Herr Kompagnieführer Prince zu unserem „Bundes- 
genossen“ Merere, um das mit demselben durch Herrn 
v. Wissmann eingeleitete Verhältniß zu pflegen. 
Herr Dr. Bumiller hat Merere verschiedene Be- 
suche im Auftrage abgestattet, und Boten gehen 
zwischen beiden Lagern hin und her. 
In der Landschaft Usambara 
haben sich neuerdings wieder ein Herr Rowehl 
und ein Herr Cowley, die seit länger als Jahres- 
frist auf den Plantagen Derema und Nguelo thätig 
gewesen sind, an das Gouvernement gewandt, um 
in Usambara Land zu pachten oder zu kaufen. Sie 
treten damit für die günstige Gesinnung, die sie von 
Usambara haben, nicht nur mit Worten, sondern mit 
der That ein, indem sie bereit sind, ihr Geld in das 
Unternehmen zu stecken. Kapital ist allerdings zu- 
nächst dort Vorbedingung für das Gelingen einer 
Ansiedelung. Herr Cowley, der seit Jahren Pflan- 
zer in den Tropen gewesen ist, schreibt über Usam- 
bara: „Ich trage kein Bedenken, zu sagen, daß sich 
hier für Kolonisten von der rechten Sorte, wenn sie 
einmal sicher Fuß gefaßt haben und mit ihren Mitteln 
umzugehen verstehen, glänzende Aussichten eröffnen.“
	        
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